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Physiotherapeuten sorgen dafür, dass jeder in Bewegung bleibt. Wer die Ausbildung erfolgreich absolviert, hat danach fast eine Jobgarantie

Physiotherapie-Ausbildung in Hamburg: Den ganzen Menschen im Fokus

Carolin Böckmann hat ihre Zukunft fest im Blick. FOTO: STEPHAN WALLOCHA

Jeder Personaler hätte an Carolin Böckmann seine helle Freude. Die 23-Jährige kann die Motivation für ihren Berufsweg sehr gut erklären. Ein Weg, der 2022 nach dann drei Jahren an den Ludwig Fresenius Schulen in Hamburg mit einer staatlichen Prüfung zur Physiotherapeutin enden soll: „Ich habe gespürt, dass ich mit Menschen arbeiten will, ihnen helfen will, Lebensqualität zurückzuerlangen.“

Carolin Böckmann beobachtete jahrelang, wie Menschen – auch aus ihrem Umfeld – Verantwortung abgegeben, sich nur auf Ärzte und Medikamente verlassen hätten. „Dabei ist eine stärkere körperliche Selbstwahrnehmung so wichtig, gerade auch im Sinne der Eigenvorsorge“, sagt sie. Carolin Böckmann geht es um Heilung im ganzheitlichen Sinne. Vor der Ausbildung machte sie, im Ausland lebend, einen Fernlehrgang in Deutschland für Ernährungsberatung. Wer sich mit ihr unterhält, spürt, dass ihr Beruf Teil einer inneren Überzeugung ist. Neben ihrer eigenen Gesundheitsorientierung sieht sie vor allem soziale und kommunikative Fähigkeiten als Grundvoraussetzungen für ihren anspruchsvollen Beruf. Physiotherapeuten arbeiten in Deutschland zwar immer nach ärztlicher Verordnung, aber eben auch in starker Eigenverantwortung. Die große Bandbreite an Patienten erfordere Geduld und Empathie, aber auch die Fähigkeit zur inneren Abgrenzung. Denn Physiotherapeuten kommen auch mit Menschen in Berührung, bei denen keine Chance mehr auf Heilung besteht. Solche Erfahrungen machte Carolin Böckmann in den bisherigen zwei Jahren ihrer Ausbildung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen. „Man wird da ins kalte Wasser geworfen, wächst daran emotional aber auch sehr“, erzählt sie.

Die Praxiseinsätze summieren sich in den drei Jahren Ausbildung auf 1600 Stunden in vier Praktikumsblöcken. Hierfür kooperieren die Ludwig Fresenius Schulen mit festen Partnern, wie physiotherapeutischen Praxen, Kliniken und Reha-Zentren. Ablauf und Inhalte sind vertraglich geregelt. Unter anderem lernen die Auszubildenden medizinische Fachbereiche wie Neurologie, Unfallchirurgie oder Orthopädie kennen. Dennoch handelt es sich um eine schulische Ausbildung, in der auch Carolin Böckmann ein gewaltiges Lernpensum zubewältigen hat. Die angehende Physiotherapeutin muss sich auskennen in Anatomie und Physiologie. Ihr werden die Grundbegriffe der Krankheitslehre, Krankheitsursachen und Krankheitsverläufe vermittelt. Sie erlernt Behandlungsformen und -techniken wie Krankengymnastik, Elektrotherapie oder Massagen und präventive Maßnahmen wie Muskelaufbautrainings.

Für die Umsetzung sind die Ludwig Fresenius Schulen an ihrem Standort direkt in der Hamburger City bestens ausgestattet. Sie gehören zu den privaten Berufsfachschulen, von denen die Ausbildung in Deutschland überwiegend angeboten wird. Die Ausbildung startet dort jeweils zum 1. April und zum 1. September, derzeit gibt es neun Klassen. Insgesamt fünf Anbieter gibt es in Hamburg, u. a. die Grone-Schulen und das UKE. Wie in der Mehrzahl der Bundesländer gilt in Hamburg seit 2019 Schulgeldfreiheit. Die ohnehin hohen Bewerberzahlen stiegen nach dieser Maßnahme weiter. „Wir haben zehn- bis zwölfmal so viele Bewerbungen wie Plätze“, sagt Henning Steffen, Schulleiter Physiotherapie der Ludwig Fresenius Schulen Hamburg. Für ihn eine komfortable Situation, weil er sich so geeignete Bewerber aus einem großen Pool aussuchen kann. „Wir schauen weniger auf Noten als auf die persönliche Einstellung.“ Auch wenn es keine Voraussetzung ist, sind viele Auszubildende an der Hamburger Schule mittlerweile Abiturienten. Die Entwicklung des Berufsbildes öffne sich zudem akademischen Angeboten. Absolventen der Physiotherapie-Ausbildung könnten sich beispielsweise nach dem Abschluss berufsbegleitend mit einem Studium weiterqualifizieren. Während der Ausbildung müssen die angehenden Physiotherapeuten in der Regel ohne Vergütung auskommen, es sei denn, sie lernen in einem Ausbildungsbetrieb im öffentlichen Dienst, etwa in einem kommunalen Krankenhaus. Carolin Böckmann hat, wie viele ihre Mitstreiter, einen Nebenjob. Außerdem würden die Eltern sie unterstützen.

Dass der Beruf dennoch so gefragt ist, liegt laut Schulleiter Steffen auch daran, dass Absolventen quasi eine Jobgarantie hätten. Der Beruf gilt als krisensicher und ist vom starken Wandel in der Arbeitswelt vergleichsweise gering betroffen. Im Schuljahr 2019/2020 gab es nach Zahlen des Deutschen Verbands für Physiotherapie bundesweit knapp 22.000 Auszubildende, darunter deutlich mehr Frauen als Männer. Der Personalbedarf in Praxen, Kliniken, Altenheimen oder auch Wellnesshotels steigt.

Carolin Böckmann hat klare Vorstellungen von ihrer Zukunft: „Ich will Erfahrungen sammeln und mein Wissen durch Fortbildungen erweitern.“ Langfristig sei ihr Ziel auf jeden Fall, sich selbstständig zu machen, bestenfalls in einem Netzwerk mit anderen Gesundheitsberufen, um ein Konzept ganzheitlicher Heilung anbieten zu können, vielleicht sogar im Ausland. BASTIAN HEBBELN
 

Job-Info

Ausbildungsdauer: drei Jahre
Voraussetzungen: MSA, körperliche Belastbarkeit, soziale Kompetenz, Organisationstalent
Ausbildungsvergütung: in der Regel keine
Einstiegsgehalt: ca. 2400 Euro
Weiterbildung: z. B. Fachwirt für Prävention und Gesundheitsförderung. Auch ein duales oder berufsbegleitendes Studium Physiotherapie ist möglich
Weitere Informationen: physio-deutschland.de


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