Anzeige
Themenwelten Hamburg
Maßschneider müssen Kreativität, Akkuratesse und handwerkliches Geschick mitbringen

Kühne Kleiderträume werden wahr: Hamburger Maßschneiderin Antonia Mallmann

Antonia Mallmann hat gerade ihre Ausbildung zur Maßschneiderin abgeschlossen. STEPHAN WALLOCHA

Antonia Mallmann gehört zu den neun Bundessiegern aus Hamburger Ausbildungsbetrieben, die 2021 als beste Gesellen im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks auf dem Siegertreppchen standen. Beim Senatsempfang im Bürgermeistersaal des Hamburger Rathauses trug die sympathische Maßschneiderin ihr Gesellenstück: einen bordeauxfarbenen Longblazer aus edlem Wollstoff, dessen Taschen mit schwarzen Stäbchenperlen bestickt sind, und einen dazugehörigen Rock – sehr schick!

„Wenn ein Kleidungsstück wie angegossen sitzt, sieht das unheimlich schön aus. Und es ist ein tolles Gefühl, nicht nur für die Person, die das Kleidungsstück trägt, sondern auch für die Person, die es genäht hat“, sagt die 23-Jährige, die ursprünglich aus Hessen kommt und für ihre Ausbildung nach Hamburg gezogen ist. Ihre dreijährige Ausbildung bei Marion Hawel Creation (MHC) hat Antonia im letzten Jahr abgeschlossen – als Jahrgangsbeste in Theorie und Praxis mit der Note 1in der Kategorie Maßschneider/in Damen. „Ich habe mir als Teenager meine erste Nähmaschine angeschafft und seitdem mit großer Begeisterung genäht“, erzählt Antonia. Nach dem Abitur ging sie erst mal ein halbes Jahr als Au-pair nach Australien, nach einem Praktikum in einer Kreativwerkstatt stand für sie dann fest: Maßschneiderin wollte sie werden, ihr Hobby quasi zum Beruf machen. Doch ein Ausbildungsplatz war gar nicht so leicht zu finden,trotz bundesweiter Suche, denn Ausbildungsplätze sind rar. Als Marion Hawel ihr dann nach einem Probearbeiten einen Ausbildungsplatz in ihrem Hamburger Atelier anbot, war Antonia im siebten Himmel: „Die Chemie zwischen uns hat von Anfang an gestimmt!“ Maßschneider lassen selbst die kühnsten Kleiderträume wahr werden, indem sie ihren Kundinnen und Kunden Kleidungsstücke im wahrsten Sinne des Wortes „auf den Leib schneidern“. Das können Ballkleider, Businessanzüge, Hemden, Blusen oder Hochzeitsanzüge und -kleider sein. Auch Theaterkostüme gehören zu ihrem Repertoire, viele Maßschneiderinnen und Maßschneider sind am Theater oder an der Oper angestellt. Für Antonia ging es in ihrem ersten Ausbildungsjahr zunächst darum, sich in Handarbeit zu üben. Knöpfe annähen, Säumen, Handstich- und Verzierungstechniken waren in den ersten Monaten ihrer Ausbildung angesagt. Danach durfte sie an die Nähmaschine: Antonia fertigte die ersten Röcke und Hosen an.

Im zweiten Ausbildungsjahr nähte Antonia mit Unterstützung ihrer versierten Meisterin und der Kolleginnen die ersten Blusen und Kleider für die anspruchsvolle Kundschaft. „Im Gegensatz zu vielen anderen Gewerken können Maßschneider Fehler vergleichsweise leicht ausbessern und Änderungen vornehmen, Trennen geht immer“, lacht die Wahlhamburgerin. In ihrem dritten Jahr wurde es dann noch anspruchsvoller: Antonia lernte, Blazer und Jacken auf Maß zu nähen. „Ich habe in meiner Ausbildung ein Gefühl für den Wert von Kleidung bekommen. Wenn beispielsweise eine Hose aus einem sehr besonderen Stoff um die 200 Euro kostet, kann ich das heute nachvollziehen. Denn in einer solchen Hose steckt sehr viel Arbeit.“ Maßschneider arbeiten mit vielen edlen Materialien, die sie in Zusammenarbeit mit ihren Kunden aussuchen. Das vom Kunden gewünschte Modell wird dann von ihnen entworfen und während der Anproben weiterentwickelt. Den letzten Schliff erhält das Modell bei der Endanprobe. Die Berufliche Schule Holz.Farbe.Textil an der Richardstraße ist der duale Partner der beruflichen Ausbildung für die Maßschneiderinnen und Maßschneider. „Auf dem Lehrplan stand unter anderem Waren- und Maschinenkunde, Schnitttechniken, Fachenglisch und Modegeschichte. Ich persönlich fand den Unterricht sehr interessant und die Atmosphäre in unserer Klasse sehr schön“, berichtet Antonia.

Einen großen Teil der Klamotten, die sie trägt, hat sie selbst angefertigt. Ansonsten kauft sie gern secondhand oder veranstaltet Kleidertausch-Partys mit ihren Freundinnen. Fast Fashion kommt ihr nicht mehr in die Tüte. Nachdem sie ein Jahr nach ihrer Ausbildung als Maßschneiderin gearbeitet hat, verdient Antonia derzeit als Verkäuferin in einer Boutique ihr Geld. „Im Moment kommt mir das sehr entgegen“, erklärt sie. Die Weiterbildung zur Schnittdirektrice oder den Meister zu machen hält sie aber nicht für ausgeschlossen. CHAN SIDKI-LUNDIUS

Job - Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre (Verkürzung möglich)
Voraussetzungen: gutes Gespür für Schnitte, Farben und Stoffe, Kreativität, Lust auf Austausch mit Kunden
Ausbildungsentgelt: zwischen 585 und 868 Euro
Einstiegsgehalt: ab 1700 Euro
Perspektiven: gut
Weiterbildungsmöglichkeiten: Schnittdirektrice, Meister oder Studium, zum Beispiel Modemanagement
Weitere Infos: Innung des Bekleidungshandwerks Hamburg, Tel. 35 74 46 23, www.vig-hh.de


Kühne Kleiderträume werden wahr Image 2

                                                     Unser Stellenportal für Hamburg und Umgebung

Weitere Artikel