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Schäfer müssen die Arbeit in freier Natur lieben und jeden Tag im Jahr für ihre Tiere da sein

Hamburger Berufsschäfer: Ein Job für wetterfeste Typen

Tobias Dommershausen tritt als angehender Schäfer in die Fußstapfen seines Vaters. FOTO: HENNING KAISER/DPA

Hohes Einkommen, Prestige oder wenigstens viel Freizeit? Mit diesen Aussichten können angehende Schäferinnen und Schäfer nicht rechnen. Was aber bringt Menschen dazu, das Hüten dennoch zu ihrem Job zu machen? 

Tobias Dommershausen ist in einen Schäferbetrieb hineingeboren. Der 24-Jährige ist im dritten Lehrjahr und kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung zum Tierwirt, Fachrichtung Schäferei. „Für mich ist das der Familienberuf, ich möchte die Tradition weitertragen.“ Ihm ist klar, dass er sich für einen Beruf entschieden hat, in dem er Hobbys oder lange Urlaube beiseiteschieben muss. „Schäfer ist man 365 Tage im Jahr.“

Es verwundert nicht, dass viele Schäfereibetriebe Nachwuchssorgen haben. „Wir haben zwar unerwartet viele Menschen, die sich für den Beruf interessieren“, sagt Günther Czerkus vom Bundesverband Berufsschäfer. „Es gibt aber zwei Knackpunkte, die Interessenten doch wieder abschrecken.“ Das seien zum einen die Erwerbsaussichten. Der zweite Punkt sei „die unglaublich überbordende Bürokratie“, so Czerkus. Schäfer sind Bindeglied zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Das heißt, sie müssen Naturschutzauflagen und auch Auflagen der Agrarförderung bedienen.

Dem Verbandsvorsitzenden zufolge ist „ein Sprung bei der Entbürokratisierung“ zu erwarten. Anstatt mit einem händisch geführten Weidetagebuch etwa könnte die Arbeit künftig relativ einfach mittels Vorher-nachher-Fotos mit Geo-Koordinaten, Datum und Uhrzeit dokumentiert werden. Selbst in Sachen Arbeitsorganisation soll es Verbesserungen geben. Eine Möglichkeit sei etwa, die Pflege von Sonderflächen und Naturschutzgebieten zu kombinieren, so Czerkus. Im Solarpark etwa müsse man nicht rund um die Uhr anwesend sein, um die Schafezuhüten. „Dann kann man auch am Wochenende mal etwas machen. Mein Leben besteht dann nicht nur aus Arbeit.“

Tobias Dommershausen betreut im Betrieb seines Vaters gemeinsam mit fünf weiteren Mitarbeitern insgesamt drei Herden. Für den 24-Jährigen beginnt der Arbeitstag in der Regel um 7 Uhr morgens. Dann fährt er zur Herde, schaut nach den Tieren und kontrolliert die Zäune. Danach lässt er die Hunde raus, und hütet die Herde für fünf bis sechs Stunden. „Da ist nicht jeder Tag gleich.“ Mal sei eines der Schafe krank, mal lammt ein Tier. Wenn man als Schäfer auf der Weide steht, müsse man im Grunde erspüren, was die Tiere gleich vorhaben werden, sagt Czerkus. „Das kann ich nur, wenn ich sehr aufmerksam mit allen Sinnen bei den Tieren bin.“

Angehende Schäfer wie Tobias Dommershausen lernen in ihrer Ausbildung außerdem, worauf es bei der Beweidung verschiedener Flächen ankommt. Welche Pflanzen sind für die Schafe womöglich giftig? Wie hirtet man Flächen so aus, dass man Naturschutzzielen gerecht wird? Die Arbeitsbedingungen sieht der 24-Jährige pragmatisch. Er ist gerne draußen in der Natur mit den Schafen. „Ich kann einfach nicht den ganzen Tag an einem Computer sitzen.“ Wer sich für den Beruf interessiert, müsse aber auf jeden Fall viel Motivation und einen starken Willen mitbringen. „Wir sind im Winter bei minus zehn und im Sommer bei plus 35 Grad draußen.“

Schäfer sein, das geht also nur, wenn man Freude daran hat, eine Herde zusammenzuhalten. Und das klappt nur, wenn sich alle wohlfühlen, denn Schäfer sind viel mehr als Hirten: „Wir sind Personalmanager, Diagnoseassistenten für den Tierarzt, Nahrungsmittelerzeuger und agrarökologische Dienstleister“, sagt Günther Czerkus. Verklären will der Verbandsvorsitzende den Beruf sicher nicht. Für ihn aber steht fest: „Wenn der Beruf nicht einen hohen Anteil an Romantik hätte, das, was die Menschen schön finden, wenn sie eine Schafherde sehen, dann gäbe es ihn schon lange nicht mehr.“ AMELIE BREITENHUBER
 

Job-Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre
Voraussetzungen: mindestens Mittlerer Schulabschluss, körperliche Belastbarkeit, hohes Verantwortungsbewusstsein, Sorgfalt
Ausbildungsentgelt: monatliche Bruttovergütungen zwischen 580 und 750 Euro im ersten und 680 bis 875 Euro im dritten Ausbildungsjahr (Quelle: Bundesagentur für Arbeit)
Weiterbildungsmöglichkeiten: Fortbildung zum Tierwirtschaftsmeister, Studium Agrarwissenschaft
Weitere Infos: www.berufsschaefer.de


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