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Die Tour auf die Ostseeinsel lohnt nicht nur wegen der Farbenpracht – sondern auch wegen schöner Kurven

Fehmarn – Raps- und Sonneninsel

Zur Rapsblüte bietet sich eine Tour auf die Ostseeinsel Fehmarn besonders an.

Dieses Jahr mache ich mal eine Ausnahme und lasse die Angelrute zu Hause. Ich möchte Fehmarn dieses Mal mit dem Motorrad und Sozia entdecken und so genießen Nina und ich bereits die Anfahrt zwischen den Rapsfeldern.

Und dann liegt sie vor uns. Die Fehmarnsundbrücke – untrügliches Zeichen endlich angekommen zu sein. Die 963 Meter lange Brücke über den Fehmarnsund hat mittlerweile mehr als 50 Jahre auf dem Buckel und ist in der Zeit zu einem Wahrzeichen bis weit über Fehmarn hinaus geworden. Wohl jeder Dänemark-Reisende oder Nutzer der Vogelflug-Linieistimmer wieder beeindruckt von der schlichten Eleganz des von den Einheimischen liebevoll „Kleiderbügel“ genannten Bauwerks.

Hoch über dem Fehmarnsund genießen wir die Aussicht über die kleinen Segelboote, die sich mit Schräglage durch die Wellen stürzen. Am Strand unter der Brücke wie immer die ersten Angler in ihren Wathosen, auf der Suche nach Hornhechten und Plattfischen.

Die Africa Twin vor der Fehmarnsundbrücke: Hier geht es rüber auf die Insel. Die 963 Meter lange Brücke wird auch Kleiderbügel genannt. Fotos: Dennis Ciminski
Die Africa Twin vor der Fehmarnsundbrücke: Hier geht es rüber auf die Insel. Die 963 Meter lange Brücke wird auch Kleiderbügel genannt. Fotos: Dennis Ciminski

Ob es eine gute Entscheidung war, diesmal ohne Angel anzureisen? Hätte die Spinnrute nicht doch auf das Motorrad gepasst? Ich versuche nicht dran zu denken, wie ich die Kisten mit frischem Fisch füllen könnte. Doch ich habe ohnehin keine Zeit meine Entscheidung zu bereuen. Zu verwinkelt sind die kleinen engen Straßen der Insel, die sich abseits der Hauptstraßen auftun.

Natürlich kann – wenn die Corona-Bestimmungen es zulassen – man eine der vielen Ferienwohnungen für seinen Insel-Urlaub nutzen. Aber wir ziehen die permanente Frischluftzufuhr im Zelt einer Wohnung vor, auch wenn der Wetterbericht für das Wochenende nichts Gutes verheißt.

Die Sonneninsel scheint auch ein anderes Gesicht zu haben. Der Himmel am Horizont färbt sich dunkelgrau, die Schäfchen-Wolken gehen in einer grauen Wand unter und der Wind frischt spürbar auf. Dennoch machen wir uns bereit, die Insel, die ich sonst immer nur von meinen Angeltouren an den Stränden her kannte, neu zu entdecken.

Wer meint, der Norden hätte keine Kurven zu bieten, den straft Fehmarn Lügen. Wie kleine Alpenpässe ziehen sich die Straßen durch die gelb leuchtende Landschaft. Na gut, es fehlen die Berge, aber die Winkel der Kurven abseits der Hauptstraßen stünden jedem reinen Motorradrevier gut zu Gesicht.

90-Grad-Kurven gibt es nicht nur in den Mittelgebirgen und der Asphalt bietet überall ausreichend Grip. Dennoch sind wir auf der Hut, da die Rapsblüten manchmal bis direkt an die Straße stehen und die Einsicht in die nächste Kurve sich oftmals in engen Grenzen hält.

So erreichen wir nach rund 35 km über kleinste Straßen das Zentrum der Insel-Hauptstadt Burg. Gerade an den langen Wochenenden kann es hier schon einmal etwas voller werden und selbst in einer 6000-Seelen-Gemeinde ist Stau hier nichts Außergewöhnliches.

Zum Glück fahren wir von Süden in die Stadt und nutzen nicht die Haupteinfallstraße, die wie immer verstopft ist. Burg wirkt für die Menschen und Touristen wie ein Magnet und wir verstehen warum – denn außer den einzigen wirklichen Geschäften lädt Burg zum Verweilen ein. Abseits der Hauptstraße warten kleine Cafés und Restaurants auf Gäste.

So stellen sich gestresste Großstädter das idyllische Inselleben vor. Bei Cappuccino und gutem Essen, einfach das Wetter genießen, denn wie es sich für die Sonneninsel gehört, haben sich die Regenwolken auf der Ostseite wieder verabschiedet, ohne auch nur einen einzigen Tropfen Regen auf uns abzuwerfen.

Nach einem Kaffee statten wir dem Hafen in Burgstaaken einen kleinen Besuch ab. Auf dem Trockenen liegt das U-Boot U11 gleich neben dem Seenotrettungskreuzer „Arwed Emminghaus“ dessen Tochterboot „Alte Liebe“ mich an Cuxhaven erinnert. Nord- und Ostsee – so verschieden Sie auch sein mögen, aber hier kommt beides zusammen.

Dass die EU und die örtlichen Fischer auch noch irgendwann einmal zueinanderfinden, scheint beim Blick auf die Verzierung des kleinen Kutters eher unwahrscheinlich.

Fast die gesamte Kommandobrücke des gut 15 Meter langen Schiffes ist mit dem Sternenkreis der EU-Flagge beklebt. Aber der Mittelfinger in dessen Mitte lässt darauf schließen, dass der Kapitän einen leichten Groll, gegen Fangquoten und andere Fischereivorgaben aus Brüssel hegt.

Dennoch kommt der kleine Hafen mit seinen Fischkuttern, den kreisenden und kreischenden Möwen dem Ideal des idyllischen Fischerlebens sehr nah.

EU hin – EU her.

Zum Glück hat sich Fehmarn diesen ursprünglichen Charme bewahrt. Das einzige Zeichen des Massentourismus ist aber auch vom Festland aus zu sehen, denn am Südstrand stehen die drei Hochhäuser der IFA – Ferienanlage, die überhaupt nicht in das Landschaftsbild passen wollen.

Auch aus nächster Nähe, werden die Betonburgen nicht schöner und so drehe ich ordentlich am Gasgriff um hier möglichst schnell wegzukommen – das ursprüngliche Fehmarn weiter zu entdecken. Über kleinste teils einspurige und gewundene Straßen geht es für uns nach Staberhuk, dem ältesten der Insel-Leuchttürme.

Aufgrund der Lage und der vorherrschenden Westwindlage wurde die durch die Witterung im Laufe der 113 Jahre, die Fassade auf der Westseite des Turms abgetragen und gegen rote Ziegel ausgetauscht und ist bis heute weltweit einmalig. Noch bieten die Straßen genug Grip, aber lange wird es nicht mehr so sein, denn von Westen ziehen dunkle Wolken auf, die nichts Gutes verheißen.

Wir erreichen gerade noch das Museum in Katharinenhof und haben aufgrund des alljährlich stattfindenden Mittelaltermarktes die Möglichkeit unsere Geschicklichkeit zu testen. Das Hufeisenwerfen überlassen wir nach mehreren Fehlversuchen dann aber lieber doch den Profis und genießen den Kuchen aus dem Museums-eigenen Backhaus und schauen uns noch die Exponate aus verschiedenen Gegenden der Insel an.

Dank Petrus und den geografischen Gegebenheiten dieser „Sonneninsel“, reißt die Wolkendecke wieder auf und gibt den Weg frei in Richtung Puttgarden, dem Endpunkt der Verlängerung der Autobahn 1, die hier oben B 207 heißt. Von hier aus geht es per Fähre weiter in Richtung Rødby in Dänemark.

Die Fährverbindung ist Teil der sogenannten Vogelfluglinie und verbindet mit ihren vier Fähren Fehmarn mit der dänischen Insel Lolland. 45 Minuten dauert die Überfahrt und ist für Motorräder mit rund 50 Euro kein günstiges Vergnügen. Autos zahlen entsprechend mehr, was die Dänen und Schweden nicht davon abhält, die Fähre für ihre Einkäufe von horrenden Mengen an Spirituosen zu nutzen. Wie überall im deutsch-dänischen Grenzgebiet sprießen hier die sogenannten Border-Shops (Grenz-Geschäfte) aus dem Boden wie Pilze.

Nina und ich sind der Meinung, dass es hier scheinbar jeden Wein der Welt zu geben scheint. Über vier Stockwerke erstreckt sich auf dem rund 130 Meter langen Schiff der Shop, der für Tausende Skandinavier Wochenende für Wochenende zum Reiseziel ihrer Träume wird. Egal ob Kleintransporter, Kleinwagen oder aber Reisegruppe mit dem Bus – hier übersteigt die Rechnung für Zeche pro Person locker die Jahresausgaben einer deutschen Amateur-Fußballmannschaft eines kleinen Dorfes.

Wir ändern unsere Fahrtrichtung und folgen einem kleinen Feldweg, mitten durch die vielen Windparks auf der Insel. Eingerahmt durch das Gelb des blühenden Rapses, wirken die stählernen Riesen irgendwie gar nicht mehr so bedrohlich und mit dem spektakulären Wolkenspiel, könnte man glatt meinen, dass so etwas wie Romantik aufkommen könnte, aber der Geräuschpegel der riesigen Anlagen lässt uns schon verstehen, warum sich einige Anwohner so vehement gegen die Aufstellung der Anlagen wehren.

Also nichts wie weg. So habe ich zumindest die Möglichkeit die Traktions-Kontrolle meiner neuen Africa Twin zu testen. Lange Striche auf dem schotterigen Untergrund sind auf voller Stufe natürlich nicht zu machen. Aber bei ausgeschalteter Überwachung kommt zumindest für den Fahrer ein wenig Spaß auf, den meine Sozia mit einem energischen Schlag in die Hüften gleich wieder zunichtemacht.

Es wird also Zeit für einen eigenen Führerschein für die Dame auf dem Rücksitz – und wenn der Führerschein erst mal in der Tasche ist, dann führt uns unsere erste Wochenend-Tour sicher wieder auf die Sonneninsel Fehmarn.

Hoffentlich noch vor der nächsten Rapsblüte! DENNIS CIMINSKI

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