Die Deutsche Muskelschwund-Hilfe aus Hamburg kämpft für die Rechte von Muskelkranken
Wie viele Jahre ihm noch bleiben, weiß er nicht. Doch hat er gelernt, mit der Krankheit zu leben. An seinem Elektrorollstuhl klebt ein Schild mit der Aufschrift „Warum soll ich laufen? Ich habe doch vier gesunde Räder!“. Kein Wunder also, dass er in seiner Schulklasse beliebt ist, so humorvoll und positiv, wie er mit seiner schweren Erkrankung umgeht.
Einmal im Jahr fährt Niklas, wenn alles gut geht (siehe unten), mit einer Begleitperson in eine Spezialklinik zur Reha. Dort kennt man ihn und den Verlauf seiner Krankheit. Das gezielte Therapie-Programm ist speziell auf ihn abgestimmt und hilft ihm, sich über einen langen Zeitraum wieder mobiler und belastbarer zu fühlen. Doch nicht allein der medizinische Behandlungserfolg zählt. Ebenso wichtig ist für ihn, dass er dort auf seine muskelkranken Freunde trifft. „Mit meinen Mucki-Kumpels kann ich Sorgen und Ängste besprechen, über die ich mit meinen Eltern oder meinen gesunden Freunden nicht reden kann“, erzählt Niklas. Der Austausch mit den Jugendlichen, die dieselbe Krankheit haben wie er, gibt ihm Kraft und hilft ihm, sein Schicksal besser bewältigen zu können.
Gesetze sind Auslegungssache
Die regelmäßige Reha ist notwendig, um Niklas‘ Gesundheitszustand zu stabilisieren und den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen. Dennoch besteht keine Garantie, dass die Reha auch tatsächlich einmal im Jahr stattfindet. „Ob unser Antrag auf die Reha von der Krankenkasse bewilligt wird, steht jedes Jahr in den Sternen“, beklagt Niklas.
Warum das so ist, erklärt Dirk Rosenkranz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Muskelschwund-Hilfe e. V. (DMH) in Hamburg. „Die Gesetze sind nicht eindeutig formuliert, wodurch den Sachbearbeitern der Krankenkassen immer ein gewisser Entscheidungsspielraum eingeräumt wird. Und da die Krankenkassen sparen wollen, fällt die Entscheidung meistens zu Ungunsten der Antragsteller aus.“
Keine Bewilligung trotz ärztlicher Verordnung
Christiane Schuster ist bei der Deutschen Muskelschwund-Hilfe für Widerspruchsangelegenheiten zuständig. „Manchmal reicht ein einmaliger Widerspruch. Doch oft genug müssen Patienten weitere Begründungen liefern oder ihre jährliche Reha sogar beim Sozialgericht einklagen“, erklärt sie. „Auch hat man den Eindruck, dass die Kassen auf Zeit spielen und hoffen, dass man irgendwann aufgibt.“
Aber nicht nur Rehas, sondern auch Hilfsmittel oder Elektrorollstühle werden von den Krankenkassen häufig abgelehnt, selbst wenn sie vom Facharzt verordnet wurden. Dazu Christiane Schuster: „Menschen, die zu uns kommen, empfinden den ständigen Kampf mit der Krankenkasse als wesentlich belastender als die Auswirkungen der Erkrankung selbst. Umso größer ist ihre Dankbarkeit über die Hilfe der DMH, vor allem, wenn am Ende die ersehnte Bewilligung im Briefkasten landet.“
Spenden erwünscht
Die DMH finanziert sich ausschließlich aus Spenden. „Wir brauchen Menschen, die unsere Arbeit mit Spenden unterstützen“, sagt Dirk Rosenkranz. „Die finanzielle Basis unseres Vereins zu sichern ist jedes Jahr eine große Herausforderung und kostet viel Zeit. Dabei nehmen die Anfragen stetig zu, denn wir leisten wertvolle Arbeit und das spricht sich herum.“
Infos:
Deutsche Muskelschwund-Hilfe e. V.
Tel. 323 23 10
www.muskelschwund.de
Spendenkonto: DE66 2005 0550 1230 1250 05
Beratung und Hilfe
Die DMH mit Sitz in Hamburg ist eine gemeinnützige Patientenorganisation, die Menschen mit einer unheilbaren neuromuskulären Erkrankung hilft, trotz allem ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Mitarbeiter des Vereins kennen Muskelerkrankungen aus eigener Erfahrung und verfügen über eine hohe Kompetenz sowie über ein großes Verständnis für die Sorgen und Nöte der von ihnen Betreuten. Umfassende Beratung, Hilfe bei Widersprüchen, Bereitstellung von Schulbegleitern und Organisierung von Selbsthilfegruppen gehören ebenso zu ihrer Arbeit wie gesellschaftspolitische Stellungnahmen zu Themen wie Teilhabe, Inklusion und Barrierefreiheit. Das Angebot der DMH ist kostenfrei.