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Die Corona-Pandemie hat auch die Aufgaben der DRK-Flughafensanitätsstation völlig verändert. Statt Menschen mit Behinderungen zu begleiten oder Erste Hilfe zu leisten, führt das reduzierte Team jetzt Gesundheitschecks von einreisenden Erntehelfern durch

Fiebermessen am Hamburger Flughafen

Jeder der eintreffenden Erntehelfer wird einzeln getestet. Der Stationsarzt schaut sich die körperliche Verfassung an und mustert gegebenenfalls Menschen aus, die Anzeichen einer Covid-19-Erkrankung zeigen Fotos: Karin Desmarowitz Pressestelle DRK HH

Das hat es auf dem Hamburger Flughafen noch nie gegeben: Die Schalter sind geschlossen, kein Café hat geöffnet, auf den Parkplätzen herrscht gähnende Leere. Corona hat die Drehscheibe Hamburg Airport komplett lahmgelegt. Die Stille legt sich wie ein Watteschleier über die leeren Hallen.

Nur eine Frauenstimme hallt ab und zu durch die Lautsprecher: „Bitte halten Sie Abstand und achten Sie auf Ihr Gepäck.“ In der linken Ecke von Terminal 2 leuchtet hinter geschlossener Glastür der Empfangstresen der DRK-Flughafensanitätsstation. „Selbstverständlich sind wir vor Ort.“ Frank Kohlstädt begrüßt seinen Auftraggeber persönlich, wenn auch ohne Handschlag. Der Leiter der Flughafensanitätsstation trägt wie gewohnt Dienstuniform mit rotem Kreuz. Mund- und Nasenschutz sowie Einmalhandschuhe wird er erst später am Gate anlegen. Dort wird er in einer Stunde 170 rumänische Erntehelfer empfangen. Christian Franke bedankt sich bereits im Vorweg für seine Unterstützung. „Ich bin begeistert über die gute Zusammenarbeit“, sagt der Qualitätsmanager der Behr Gemüsegarten GmbH aus Seevetal. „Diese Situation ist für uns völlig neu, aber Herr Kohlstädt erklärte mir, dass wir uns keine Sorgen machen müssten. Das hat uns sehr beruhigt.“ Normalerweise kommen die osteuropäischen Erntehelfer mit Bussen oder auf eigene Faust nach Deutschland. Wegen der Corona-Pandemie fliegen sie in einem Sonderflug nach Deutschland. Nur wer im Heimatland negativ getestet wurde, darf die Reise antreten. „Wir machen heute nur einen kurzen Gesundheitscheck mit Fiebermessen und bewerten die körperliche Verfassung“, erklärt Stationsarzt Torsten Fix. „Dabei geht es darum, die Differenz zwischen dem Test in Rumänien und dem heutigen Tag zu bewerten.“ Falls jemand schwitzt, fiebrig und erschöpft ist oder glasige Augen hat, wird er oder sie ausgemustert. „Das ist bislang zum Glück noch nicht passiert“, sagt der erfahrene Allgemeinarzt. Er geht davon aus, dass auch heute alle Erntehelfer gesund eintreffen werden. 20 Minuten später befindet sich die Sondermaschine aus der Universitätsstadt Iasi im Landeanflug. Frank Kohlstädt, Torsten Fix und die stellvertretende Wachleitung Daniela Stegelsberg greifen die Rotkreuztasche und leiten Christian Franke mit seinen zwei Dolmetscherinnen durch die Personalkontrolle. Auch hier darf jeder nur einzeln eintreten, Ausweis vorlegen, Taschen, Gürtel und Jacken durch den Scanner schicken. Danach geht es in gebührendem Abstand durch den Sicherheitsbereich.
                               

In der linken Ecke von Terminal 2 befindet sich die DRK-Flughafensanitätsstation
In der linken Ecke von Terminal 2 befindet sich die DRK-Flughafensanitätsstation

Viele Kollegen mussten in Kurzarbeit

„Der geregelte Flugverkehr ist komplett eingestellt worden“, sagt Frank Kohlstädt. „Dadurch hat sich auch unser Aufgabengebiet stark verändert.“ Ab Ostern hat die DRK-Sanitätsstation eigentlich Hochsaison. „Da beginnen die Kreuzfahrten, die Feiertage und die Ferien“, sagt Daniela Stegelsberg, während sie am Gate in ihren Schutzanzug schlüpft. Mindestens ein Dutzend Mitarbeitende kümmern sich in dieser Zeit pro Schicht um Personen mit eingeschränkter Mobilität, Erste Hilfe und die medizinische Erstversorgung bei Notfällen. Heute sind sie zu dritt. Frank Kohlstädt musste viele Kollegen in Kurzarbeit schicken. „Sonst betreuen wir 200 Gäste pro Tag, heute sind es zwei bis drei.“ Wenn nicht gerade ein Sonderflug eintrifft.

Die Maschine ist gelandet. Frank Kohlstädt empfängt die Erntehelfer mit Christian Franke und einer Dolmetscherin am Gate. Daniela Stegelsberg und Torsten Fix haben sich in voller Schutzmontur im Gang zur Gepäckausgabe positioniert. Die Passagiere treten einzeln mit Masken und Handschuhen ein. Die Rettungsassistentin hält ihnen das Fieberthermometer vor die Stirn, der Arzt beobachtet hochkonzentriert jedes einzelne Gesicht, die Augen, die Haltung, den Gang. Nach 28 Minuten ist der Spuk vorbei. Niemand wurde ausgemustert. Torsten Fix zieht Schutzbrille, Maske und Kapuze herunter. „Das sieht so einfach aus, aber es ist extrem anstrengend“, schnauft der 56-jährige Mediziner. „Ganz schön warm“, pustet auch seine zwanzig Jahre jüngere Kollegin. Nachdem sie die Schutzkleidung in einem Müllsack entsorgt haben, greift Torsten Fix zu einer großen Flasche Sterilium. „Darf ich dir einen ausgeben?“, fragt er augenzwinkernd. Die Anspannung lässt nach. Alles ist gut gegangen. Sieben Passagiere hatten leicht erhöhte Temperatur, aber niemand fiel körperlich auf. „Wenn wir jemanden rausholen müssten, würde jetzt richtig Alarm sein“, so der Mediziner. Heute kann er zum Glück direkt in den wohlverdienten Feierabend gehen. Constanze Bandowski
                     

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