111 Jahre Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg
Seit nunmehr 111 Jahren unterstützt der im Jahr 1909 als „Verein der Blinden von Hamburg“ gegründete Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg von einem Sehverlust Betroffene und deren Angehörige bei dessen Bewältigung. Dabei wurden die Hilfeleistungen immer wieder an die veränderten Bedürfnisse der Menschen angepasst. Ein großes Thema ist aktuell die alternde Gesellschaft. Folge dieser Entwicklung ist, dass immer mehr Menschen an einer altersbedingten Augenerkrankung wie dem Glaukom oder einer Makuladegeneration, die zur Sehbehinderung oder zur Erblindung führen können, leiden. So erklärt Angelika Antefuhr, Erste Vorsitzende des BSVH, denn auch: „Wir vertreten längst nicht mehr nur die Interessen einer kleinen Randgruppe, sondern die eines kontinuierlich ansteigenden Teils der Gesamtbevölkerung.“ Der Anteil der Menschen mit einer altersabhängigen Makula-Degeneration im Frühstadium etwa beträgt derzeit In Deutschland knapp 8,4 Prozent. „Diese Augenpatienten leiden zwar unter einem Sehverlust, der sie gesetzlich noch nicht als blind oder sehbehindert einstuft. Doch brauchen sie dringend Beratungs- und Unterstützungsleistungen, um ihre Krankheit besser bewältigen zu können“, erläutert Angelika Antefuhr.
Hilfe für Kriegsblinde
Sich an die jeweiligen Bedürfnisse der Menschen mit Sehverlust im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext anpassen, das gehört seit seiner Gründung zum Selbstverständnis des Vereins. Im 19. Jahrhundert gab es zwar Institutionen, die sich um blinde Menschen kümmerten, gleichzeitig entmündigten sie diese aber auch. So entstand unter den Betroffenen der Wunsch, die eigenen Belange selbst zu vertreten und für Gleichberechtigung einzutreten. Vor große Herausforderungen gestellt war die Selbsthilfe durch die beiden Weltkriege. Zahlreiche Soldaten kehrten erblindet heim. Diese Kriegsblinden mussten versorgt werden, dafür organisierte der Verein Spendensammlungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kümmerte er sich auch um Lebensmittel und Kleidung für die eigenen Mitglieder. In den 1960er Jahren beschloss der Verein, bezahlbaren Wohnraum für blinde und sehbehinderte Menschen zu schaffen. (Zu dieser Zeit war noch weitgehend eine Heimunterbringung üblich.) Es wurden 44 Wohnungen am Binsenort in Lurup gebaut. Damit setzte man den Grundstein für unabhängiges und eigenständiges Wohnen blinder und sehbehinderter Menschen in Hamburg.
Aufgrund des medizinischen Fortschritts gab es in den 1990er Jahren weniger geburtsblinde Menschen, dafür aber mehr mit altersbedingtem Sehverlust. Der Blindenverein erkannte, dass diese Gruppe von Sehbehinderten ebenfalls Hilfe benötigte und öffnete sich deren Belangen. Seit 1996 heißt er deshalb Blinden- und Sehbehindertenverein. Heute bietet er übrigens nicht nur eine psychologische Beratung für die Betroffenen an, sondern kümmert sich auch um die Angehörigen.
Seitdem 2018 die Satzung entsprechend geändert wurde, finden auch Menschen, die aufgrund einer Augenerkrankung einen Sehverlust erleiden könnten, beim BSVH Rat und Hilfe.
Weitere Infos: www.bsvh.org
Woche des Sehens
„Die Zukunft im Auge behalten“, so lautet das Motto der Woche des Sehens (www.woche-des-sehens.de), die bundesweit vom 8. bis 15. Oktober stattfindet. Selbsthilfeorganisationen, Augenärzte und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit beleuchten in der Aktionswoche die Themen Blindheit und Sehbehinderung.
Ein Fokus liegt zum Beispiel auf dem angeborenen Grünen Star (Glaukom), der unbehandelt Sehstörungen und Erblindung zur Folge haben kann. Schätzungsweise wird eines von 10.000 Babys mit einem angeborenen Grünen Star geboren. Eltern sollten bei ersten Anzeichen unverzüglich einen Termin beim Augenarzt vereinbaren. Denn eine schnelle und sichere Diagnose ist entscheidend, um einen Schaden der Netzhaut-Sehnervenfasern abzuwenden. „Die Kinder haben oft außergewöhnlich große Augen, die aufgrund der Hornhautschwellung und eines zu hohen Augeninnendrucks grau und trüb erscheinen“, erläutert Prof. Esther Hoffmann, die das Kinder-Glaukomzentrum der Universitätsmedizin Mainz leitet.
Mit Grünem Star Geborene sind außerdem lichtscheu und reiben sich oft die Augen. Ursache des kindlichen Glaukoms ist eine embryonale Fehlentwicklung der Abflusskanäle des Augeninnenwassers, in deren Folge das Augeninnenwasser nicht mehr richtig abfließen kann, was den Augeninnendruck chronisch erhöht.
Um die Operationsergebnisse weiter zu verbessern und mehr über das angeborene Glaukom und seine Häufigkeit in Deutschland zu erfahren, wird aktuell ein nationales Register für kindliche Glaukome eingerichtet. Dadurch verspricht man sich eine noch bessere Früherkennung.
Regelmäßige körperliche Aktivität senkt das Risiko, an einem Glaukom zu erkranken
So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie. Es deutet ebenfalls darauf hin, dass Sport im Erwachsenenalter möglicherweise das Fortschreiten des Augenleidens, das in Deutschland zu den häufigsten Ursachen für eine Erblindung gehört, verlangsamt. Wie schnell der Sehverlust infolge eines Glaukoms voranschreitet, wird von mehreren Einflüssen bestimmt: Der größte Risikofaktor ist der erhöhte Augeninnendruck. Verschiedene Untersuchungen belegen nun, dass der Augeninnendruck nach Aktivitäten wie Fahrradfahren oder Laufen sinkt, wie die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) berichtet. Ob sportliche Betätigung auch hilft, eine bereits bestehende Glaukom-Erkrankung aufzuhalten, ist allerdings gegenwärtig noch nicht ausreichend untersucht. Von entscheidender Bedeutung sind in jedem Fall die Vorsorge und eine frühe Diagnose.