Es darf wieder gemeinschaftlich getrauert werden, so Frank Kuhlmann von der Bestatter-Innung Hamburg
Herr Kuhlmann, während des Lockdowns im Frühjahr konnten Trauerfeiern nur stark eingeschränkt oder gar nicht abgehalten werden. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Kuhlmann: Es war eine schlimme Zeit – vor allem natürlich für die Angehörigen von Verstorbenen. Wenn man seinen Liebsten oder seine Liebste oder einen nahestehenden Menschen verliert und sich nicht würdevoll von dem oder derjenigen verabschieden kann, nicht gemeinsam mit anderen Angehörigen trauern kann, dann ist das ganz bitter. Natürlich gibt es Menschen, die auch in normalen Zeiten keine Trauerfeier abhalten, aber für die meisten wäre das undenkbar. Sie haben das tiefe Bedürfnis, dem Verstorbenen, der ja in der Regel Teil einer Gemeinschaft war, als diese Gemeinschaft Lebewohl zu sagen. Dieses Erlebnis ist ein hohes Gut für sie, der Tag der Trauerfeier bleibt für immer in ihrer Erinnerung. Für diejenigen, die in der Zeit des Lockdowns gezwungen waren, darauf zu verzichten, war das eine furchtbare Erfahrung. Denn: Eine Trauerfeier im Rahmen einer Beerdigung eines Menschen kann man nicht nachholen.
Wurde es nach Beginn der Lockerungen trotzdem versucht?
Kuhlmann: In der Tat haben einige Familien gewartet und die Trauerfeier später nachgeholt. In diesen Fällen handelte es sich allerdings um Urnenbestattungen. Und die können zur Not ja auch mit zeitlicher Verzögerung erfolgen.
Sie vertreten als Innung rund 60 Bestattungsunternehmen in Hamburg. Wie haben die das Frühjahr erlebt?
Kuhlmann: Wie für alle war das Virus auch für unsere Mitglieder zunächst eine unbekannte Größe. Entsprechend gab es auch unter den Bestattern zu Beginn eine gewisse Verunsicherung. Wie tödlich würde SARS-CoV-2 sein? Müssen wir mit einer erheblichen Übersterblichkeit rechnen? Das waren Fragen, die sich damals viele gestellt haben – vor allem mit Blick auf die Entwicklungen in Italien und Spanien. Wir haben dann gemeinsam mit unserem Bundesverband Katastrophenpläne ausgearbeitet und uns gesagt: Das, was die Bilder aus Bergamo zeigen, passiert uns in Hamburg und Deutschland nicht. Zum Glück ist es auch nicht so weit gekommen. Die Maßnahmen, die hierzulande ergriffen wurden, haben ihren Teil dazu beigetragen. Das gilt auch für meine Branche: All unsere Schutzmaßnahmen für unsere Mitglieder und für die Angehörigen von Verstorbenen haben gegriffen. Kein einziger Bestatter oder Bestattungsgehilfe in Hamburg hat sich mit Corona infiziert.
Wie ist die Situation heute?
Kuhlmann: Inzwischen können Trauerfeiern wieder fast normal abgehalten werden. „Fast“ deswegen, weil natürlich die für alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auch auf den Friedhöfen und in den Kapellen gelten. Das heißt im Wesentlichen: Abstand zueinander halten, Mund-Nasen-Schutz tragen und alle Gegenstände, die gemeinsam genutzt werden, desinfizieren. Bei einer Trauerfeier gelten also im Prinzip die gleichen Regeln wie bei einem Restaurantbesuch.
Wie gehen Menschen, die einen Angehörigen bestatten lassen müssen und trauern wollen, damit um?
Kuhlmann: Für die meisten ist das kein Problem. Sie kennen die aktuell geltenden Einschränkungen und akzeptieren diese. Manche sind allerdings nach wie vor verunsichert. Sie hören und lesen täglich von wieder steigenden Infektionszahlen und wissen nicht genau, was erlaubt ist und was nicht. Wir als Bestatter können sie aber beruhigen. Wir halten uns an die Regeln, die für Beerdigungen gelten, und erklären sie ihnen. Wenn dann alle Beteiligten die Maßnahmen befolgen, ist es überhaupt kein Problem, sich auch in Corona-Zeiten von einem Menschen zu verabschieden und eine Trauerfeier abzuhalten.