Ausbildung plus Studium
Studieren und gleichzeitig jede Menge Praxiserfahrung im Unternehmen sammeln: Ein duales Studium fordert von Studierenden viel Einsatz. Genau genommen bedeutet das Modell zwei in einem: ein Hochschulstudium, verbunden mit einer Ausbildung oder festen Praxisanteilen. Die Vielfalt der dualen Studiengänge, von Betriebswirtschaft über Brau- und Getränketechnik bis hin zum Gartenbau, wächst stetig. Aber für wen ist ein duales Studium das Richtige? Und was muss man bei der Wahl beachten?
„Der Vorteil am dualen Studium ist die starke Praxisorientierung“, sagt Kim-Maureen Wiesner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Grundsätzlich gibt es zwei Modelle. Bei ausbildungsintegrierenden Studiengängen absolviert man parallel zum Studium eine Ausbildung. Am Ende gibt es zwei Abschlüsse, sowohl das Bachelor- als auch ein Ausbildungszeugnis. Praxisintegrierende Studiengänge schließen dagegen nur mit dem Bachelor ab. Hier wird der Stundenplan durch Praxisphasen ergänzt.
„Die Abiturienten schätzen neben der Praxisnähe vor allem, dass sie während des Studiums schon Geld verdienen“, nennt Silvia Hofmann vom BIBB einen Vorteil des dualen Studiums. Wie viel das ist, hängt von Studiengang, Branche und Unternehmen ab. Meist liegt es zwischen 500 Euro und 1500 Euro brutto. Außerdem zahlen die Unternehmen die Studiengebühren. Doch das Konzept erfordert von den Studierenden über mehrere Jahre viel Einsatz – und die Bereitschaft, auf einen Großteil der Freizeit zu verzichten. Und oft gilt: Wer das Studium abbricht, muss die Studiengebühren zurückzahlen. „Man muss motiviert und leistungsfähig sein“, sagt Professor Eckart Severing vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung. Der Zeit- und Lerndruck sei hoch. Der straffe Zeitplan ist aber auch einer der Vorteile des dualen Modells. Ausbildung und Studium sind hier in drei Jahren zu schaffen. Auch der frühe Bezug zum Betrieb sei ein Vorteil, für beide Seiten, betont Severing. Eine Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen zeigt, dass Absolventen dualer Studiengänge der Übergang ins Berufsleben leichter fällt im Vergleich zu anderen Bachelor-Studenten. Aufgrund der engen Bindung zum Unternehmen haben viele Studierende schon mit Beginn ihrer Ausbildung eine Absprache zu einer Übernahme getroffen. Sie sind außerdem vergleichsweise seltener arbeitslos, arbeiten öfter in Vollzeit und mit unbefristeten Verträgen, sagt Studienautorin Sirikit Krone.
Wer sich für ein duales Studium interessiert, wendet sich oftmals direkt an ein Unternehmen – und erst wenn dort der Bewerbungsprozess erfolgreich war, meldet man sich bei der Hochschule oder Berufsakademie an. Doch auch der umgekehrte Weg ist möglich. Fündig wird man bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsgang in Online-Stellenbörsen und Printmedien, auf den Webseiten der akademischen Einrichtungen sowie auf der vom BIBB betreuten Datenbank des Fachportals AusbildungPlus.
An den Hamburger Hochschulen studiert derzeit nur eine Minderheit der Immatrikulierten dual. So gab es an den Hochschulen und Berufsakademien der Hansestadt bei der jüngsten Zählung im Jahr 2019 lediglich 1508 dual Studierende, wie eine Untersuchung des Centrums für Hochschulentwicklung und des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung ergab. Das entspreche lediglich 1,4 Prozent aller Studierenden und verweise die Hansestadt im Ländervergleich auf Platz 14. Die meisten dual Studierenden haben sich für Studiengänge in den Gesundheits-, Ingenieur-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften entschieden. JULIA RUHNAU, SABINE MEUTER, JULE ZENTEK