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Alkoholkonsum

Wenn wir Alkohol trinken, entscheiden wir uns eben ganz bewusst für ein Gift, so Chefarzt Dr. Peter Strate an der Hamburger Asklepios-Klinik für Abhängigkeitserkrankungen

Foto: Shutterstock/Mariyana M

Dr. Strate, trinken Sie gerne Alkohol?

Das kommt natürlich bei mir ebenso vor wie bei rund 80 Prozent der Deutschen, die in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken haben. Allerdings, und das ist ja bekannt, macht die Menge den Unterschied hinsichtlich der Gesundheit.

Sind geringe Mengen von Alkohol gesund, wie uns manche Medienberichte glauben machen wollen?

Keine Menge Alkohol ist gesund. Ethanol ist ein Zellgift. Wir wissen heute aber aus Untersuchungen recht genau, dass statistisch das Gesundheitsrisiko niedrig ist, wenn eine Frau etwa 12 Gramm reinen Alkohol maximal an je fünf Tagen in der Woche trinkt, Männer das Doppelte. Also ein Glas Weißwein oder zwei kleine Glas Bier.


Rund 74.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Dabei hat das Trinken daheim im Laufe der Corona-Pandemie zugenommen. Im Gespräch mit dem Hamburger Ärztemagazin erläutert Dr. Peter Strate, Chefarzt der Asklepios-Klinik für Abhängigkeitserkrankungen in Hamburg, den Unterschied zwischen Genuss, riskantem Konsum und echter Abhängigkeit.


So weit, so wenig. Ist das realistisch?

Eher nicht, denn wir trinken Alkohol ja oftmals wegen der Wirkung und nicht nur wegen des Geschmacks, wie gerne behauptet wird. Pur schmeckt er uns nicht. Da sind süße Getränke der Einstieg, etwa bei Jugendlichen. Erst dann kommen Wein, Bier, harte Sachen. Dann trinkt man, bis es wirkt, das ist das Erlebnis. Es ist Genuss und Gift in einem. Es ist eine Frage der Risikoabwägung, man muss sich dazu vernünftige Gedanken machen.

Man würde vermuten, Sie würden generell vom Konsum abraten?

Ich kann ja auch nicht die Teilnahme am Straßenverkehr ausschließen, der ebenfalls riskant ist. Alkohol ist natürlich ein Schmierstoff im sozialen Kontext, kann also auch nützen. Vernünftigerweise trinken Sie so wenig, dass Sie die Wirkung nicht verspüren, dass der Alkohol sich nicht anhäuft. Also ein kleines Glas Bier in der Stunde. Aber seien wir ehrlich, so trinken die meisten nicht.

Dr. Peter Strate, Chefarzt der Asklepios-Klinik für Abhängigkeitserkrankungen, Hamburg
Dr. Peter Strate, Chefarzt der Asklepios-Klinik für Abhängigkeitserkrankungen, Hamburg

Gehen wir also weiter, ich trinke fünf kleine Bier in der Stunde, weil ich meine Freunde treffe und es gesellig ist. Dann passiert was im Körper?

In dem Moment baut der Körper Alkohol nicht mehr nur über die Alkoholdehydrogenase ab, sondern man stimuliert weitere Abbauwege. Machen Sie das regelmäßig, dann stellen Sie vielleicht erfreut fest, dass Sie mehr Alkohol „besser“ vertragen können, aber Sie öffnen wohlgemerkt auf Dauer Tür und Tor für Leberkrebs und Stoffwechselstörungen.

Wann kommt die Abhängigkeit, von der so oft die Rede ist?

Symptome der Abhängigkeit gehen einher mit körperlichen Entzugserscheinungen, einem starken Wunsch oder Zwang, Alkohol trinken zu müssen. Beginn und Ende des Konsums entziehen sich zunehmend der eigenen Kontrolle und Sie werden in Ihrem Trinkverhalten als auffällig wahrgenommen oder Sie versuchen es zu verbergen.

Männer vertragen im Allgemeinen mehr, ist das gewissermaßen ein Freibrief?

Eher nicht. Ein Gramm Alkohol hat 7 Kalorien, das ist viel. Damit nimmt man an den Stellen zu, wo man es nicht möchte. Und: Alkohol senkt den Testosteronspiel. Das ist gerade für Männer ab 50 eine Falle, denn das Testosteron wird im Laufe des Lebens bei den meisten eh weniger, die Männlichkeit verliert sich auf natürliche Weise. Alkohol suggeriert aber Vitalität und schadet deshalb doppelt. Männlich bleiben heißt also, Finger weg vom Alkohol.

Was bleibt als Fazit?

Wenn das Aufhören schwerfällt, machen Sie eine Alkoholpause. Machen Sie Abschnitte, etwa einen trockenen Monat, und falls das schwerfallen sollte, hängen Sie noch einen zweiten dran. Irgendwann reduziert sich die Bedeutung von Alkohol wieder auf ein normales Maß. Detlev Karg
 

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