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Organspende

Die Bereitschaft zur Organspende nimmt eher zu als ab

Fotos: Asklepios, Shutterstock/yezry

Rund 9000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Niere. Jeder zehnte Patient kann damit rechnen, ein Organ zu erhalten. Immer wieder gibt es Versuche seitens der Politik, diese Quote zu steigern, etwa durch die so genannte Zustimmungslösung, bei der hirntoten Menschen dann Organe entnommen werden dürfen, wenn sie dem zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben. Weiterhin gilt in Deutschland aber die Entscheidungslösung: Organe dürfen nur entnommen werden, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat. Der klinische Alltag gestaltet sich indes meist pragmatisch, sagt Prof. Dr. med. Berthold Bein, Leiter der Intensivmedizin der Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg.

Prof. Bein, warum ist die Intensivmedizin erste Anlaufstelle für Organspenden?

Hier kann es im Laufe der Behandlung eher dazu kommen, dass Patienten versterben und damit für eine Organspende in Frage kommen. Schnelles Handeln ist dann gefragt.

Wie gestaltet sich das dann im Einzelfall?

Wir als Intensivstation sind immer im Kontakt mit der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Wenn ein Patient verstirbt und für eine Organspende in Frage kommt, kommen von der DSO beauftragte Teams zu uns in die Klinik und entnehmen die Organe. Jede große Uniklinik verfügt über solche Explantationsteams.
 

Prof. Dr. med. Berthold Bein, Leiter der Intensivmedizin der Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg
Prof. Dr. med. Berthold Bein, Leiter der Intensivmedizin der Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg

Ist ein Organspendeausweis dafür Voraussetzung?

Der Ausweis ist nicht zwingend nötig für eine Organspende. Liegt er vor, ist das natürlich gut. Ansonsten kontaktieren wir schnellstmöglich die nächsten Verwandten. Nach deren Aussage richten wir uns dann. Es kommt absolut auf die Angehörigen an. Wenn sie uns sagen, dass der Verstobene eine Entnahme sicher gewollt hätte, dann haben wir grünes Licht.

Wie bereit sind denn die Menschen für diesen Schritt?

Aus meiner Erfahrung würde ich sagen: Ein Drittel ist dagegen, zwei Drittel dafür. Die Bereitschaft für die Organspende hat aus meiner Sicht eher wieder leicht zugenommen.

Sollte dennoch besser die Zustimmungslösung wie etwa in Österreich eingeführt werden?

Meine Meinung: Ja, jeder, der zu Lebzeiten nicht aktiv widersprochen hat, sollte als Organspender in Betracht kommen. Das ist allerdings meine persönliche Meinung als Mensch und Mediziner, ich spreche nicht im Auftrag der Stiftung Organtransplantation oder einer anderen Institution. Dennoch funktioniert das deutsche Modell im Grunde relativ gut, auch wenn man es durch die Zustimmungslösung optimieren könnte.

Was wird, außer Nieren, am häufigsten benötigt?

Vor allem Lebern, seltener Herzen und Lungen. Eine Lunge zu transplantieren, ist sehr, sehr aufwendig.

Wie sieht es mit dem Alter der Spender aus?

Generell gilt natürlich: Die Organe müssen gesund und der Spender in der Regel nicht älter als 65 Jahre sein. Aber es gibt Ausnahmen. Wenn der Empfänger schon älter ist, kann auch der Spender durchaus älter als 65 Jahre sein. Wir nennen das „old for old“, von alten Menschen für alte Menschen. So gehen wir sicher, dass die Organe über die Zeit funktionieren, in der sie benötigt werden, und können junge Organe für jüngere Patienten einsetzen.

Wird die Xenotransplantation, also die Verpflanzung tierischer, speziell gezüchteter Organe, schon bald eine Hoffnung sein?

Tierische Organe sind zwar in beliebiger Zahl vorhanden, aber die Immunmoleküle auf den tierischen Zellen sind genetisch so weit von uns entfernt, dass die Abstoßung ein bisher nicht beherrschbares Problem ist. Wir haben ja schon bei menschlichen Spenderorganen Probleme mit der Abstoßung. Von einer Transplantation tierischer Organe sind wir da noch sehr weit entfernt. Detlev Karg
 

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