„Die Bille. Was sonst“
DREI FRAGEN AN … Jan Peter Gehrckens, Autor des Buchs „Die Bille. Was sonst“, und an den Fotografen Michael Zapf.
WO IST DIE BILLE AM SCHÖNSTEN UND AUFREGENDSTEN?
PETER GEHRCKENS: Da wo sie wild ist, versetzt mit Baumwurzeln und Astwerk, strömt, sprudelt und fließt in nicht geglätteten und geschönten Ufersäumen, da wo sie Fluss ist und natürlich: im Sachsenwald und an der Grander Mühle etwa, im Bergedorfer Gehölz auch – großes Flusskino, da liebe ich sie sehr. Zugleich in Billwerder, am Billwerder Billdeich beim Hof „Neun Linden“ mit seinem feinen Bio-Café etwa, wie sie dann am Naturschutzgebiet der Boberger Dünen sich entlangschlängelt, in bester hanseatischer Contenance unter der Autobahn hindurchfließt – einfach noble Klasse.
MICHAEL ZAPF: Vom Schloss Reinbek geht ein Zauber aus. Die Architektur der Renaissance und dazu der schöne Park am Mühlenteich ist von besonderer Schönheit. Am aufregendsten war für mich der Moment, in dem ein Eisvogel nahe der Bergedorfer Brauereiteiche auf einem Zweig saß und sich von mir fotografieren ließ. Im übernächsten Moment war er dann schon wieder fort.
WAS HAT SIE BEI DER RECHERCHE BESONDERS ÜBERRASCHT?
JAN PETER GEHRCKENS: Überrascht hat mich immer wieder die Vielseitigkeit der Landschaft und Menschen rundherum, die Anekdoten, die die Bille umfließen. Die Brauereiteiche und ihre Geschichte in Bergedorf, Burg Linau mit ihrer Historie und dem leisen Abseits, in dem sie sich findet, das mag ich sehr. Kraftwerk Bille mit seinen höchst aktiven Künstlern, die grandiose Melange von Störtebeker-Haus mit seinem Glockenspiel und goldener Kogge, dem Puff Babylon ohne Glockenspiel und der Fabrik der Künste mit ihren fantastischen Ausstellungen. Die Reibung des Verschiedenartigen ist es immer wieder, die zur Bille führt und an ihr reizend überrascht. Dass McDonald’s hier den einzigen Flusszugang hat, sei da nur am Rande erwähnt, ist eben einfach so.
MICHAEL ZAPF: Es sind die Kontraste. An der Quelle die Fundamente der ritterlichen Burg Linau, an der Mündung das Riesenbauprojekt der mächtigen HafenCity. Die Fahrradtouren, Wanderungen und Spaziergänge zu den interessantesten Orten und durch die schönsten Landschaften am Billeufer. Die Fürstenbrücke im Sachsenwald, der Lokschuppen in Aumühle, der Spazierweg von Schloss Reinbek zum Bergedorfer Schloss, Wanderungen im Naturschutzgebiet Boberger Niederung zu allen Jahreszeiten und dann auch die Barkassenfahrt rund um die Billerhuder Insel.
WARUM WIRD DIE BILLE SO OFT UNTERSCHÄTZT UND VERKANNT?
JAN PETER GEHRCKENS: Sie ist nicht laut, ist räudig, widerstrebend, gibt sich keineswegs lieblich hin wie die Alster in all ihrer Gefälligkeit und hanseatischen Gediegenheit, wie die Elbe in ihrer Bedeutsamkeit. Sie fließt in die Elbe ein und tut damit ihr Teil, will zuvor erobert und entdeckt werden von denen, die Lust auf Ungewöhnliches haben – darum buhlt sie aber keineswegs, so reich der Suchende letztlich auch für seinen Weg und Blick entlohnt wird. Sie ist wie eine Großstadtkatze, die sich langsam und mit viel Geduld erst locken lässt, dann aber ihren Zauber zeigt und immer wieder in ihren Bann zieht – ob man nun entspannendes Idyll sucht oder raue Großstadtszenerie, den Charme der Billerhuder Insel oder Schrottplatzschnodder – an ihrem Ufer wird man allemal fündig, in jeder Laune und jedem Wetter – nicht ganz unwichtig für Hamburg …
MICHAEL ZAPF: Bislang fehlte es an einem Reiseführer entlang diesen schönen Flusses. Bestimmt fließt die Bille bald auf Augenhöhe mit Alster und Elbe.
Ellert & Richter Verlag ISBN 978-3-8319-0789-2, Preis: 16,95 Euro