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Die meisten von uns wissen, wie eine christliche Bestattung abläuft. Doch wie halten es die Angehörigen anderer Religionen?

Bestattungsrituale: Andere Länder, andere Sitten

Die Bestattungsrituale der Weltreligionen unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander. Foto: Fotolia

Etwa 2000 Gäste aus aller Welt haben in der Londoner Westminister Abbey die verstorbene Elizabeth II. gewürdigt – und Millionen vor dem Fernseher. Danach wurde der Sarg mit den sterblichen Überresten der Queen in einer Prozession bis zum Triumphbogen Wellington Arch gezogen, von wo aus man ihn mit dem Leichenwagen zum Schloss Windsor verbrachte. Dort fand nach einem Gottesdienst mit 800 Gästen im Kreise der königlichen Familie am Abend die Beisetzung in einer Seitenkapelle der St. George’s Chapel statt. Die Bilder dieses geschichtsträchtigen Tages waren nicht nur eindrucksvoll, sondern auch hochemotional.

Die christliche Bestattung

Die Trauerzeremonie im Christentum besteht in der Regel aus einer Trauerfeier und der Bestattung. Tote vor der Beerdigung zu Hause aufzubahren, ist heute in den meisten Teilen Deutschlands nicht mehr üblich. Stattdessen wird der Verstorbene in ein Bestattungsinstitut überführt, wo die Angehörigen sich von ihm verabschieden können. Letztere entscheiden darüber, ob bei der Bestattung im Sarg dieser während der Trauerfeier geschlossen oder oœen sein soll.

Strenge Regeln: Jüdische Bestattungen

Im Judentum kümmert sich zumeist nicht die Familie um die Bestattung, sondern die Chewra Kadischa, eine heilige Bruderschaft. Nachdem ein Mensch gestorben ist, wird sein Leichnam mit einem Leinentuch bedeckt. Vor den Trauerfeierlichkeiten erfolgt die Tahara, die rituelle Waschung des Verstorbenen. Danach wird ihm ein langes weißes Totenkleid angelegt. Männer hüllt man oft zusätzlich in ihren Gebetsschal, den Tallit. Die traditionelle Bestattungsart ist die Erdbestattung, sie sollte so schnell wie möglich stattfinden. Die Bestattungszeremonie beginnt normalerweise mit einer Trauerfeier auf dem Friedhof, die Trauerrede hält ein Rabbiner. Gebete und Psalme werden auf Hebräisch vorgetragen. Teilweise sprechen auch noch andere Personen. Ein alter Brauch ist das Einreißen eines Kleidungsstücks vom Halssaum aus – als Symbol für den Riss, den die Seele durch den Verlust erlitten hat. Sobald der Sarg mit Erde bedeckt ist, wird ein Totengebet gesprochen. Vor dem Verlassen des Grabes legen die Trauernden kleine Steine darauf. Die Grabmale auf jüdischen Friedhöfen sind zumeist einheitlich schlicht gestaltet. Die Gräber sind nach Osten, gen Jerusalem, ausgerichtet.

Jahrhundertealte Rituale: Islamische Bestattungen

Auch im Islam wird der Körper des Verstorbenen, sobald der Tod eingetreten ist, mit einem Tuch bedeckt. Ebenso ist die Waschung des Verstorbenen fester Bestandteil der Bestattung. Letztere soll, von einem Imam geleitet, nach dem Totengebet und der Freisprechung des Verstorbenen von seinen Sünden noch am Todestag oder kurz danach stattfinden – ohne Sarg. Der Verstorbene wird, nur in ein Leichentuch gehüllt, in Gebetshaltung, die Augen gen Mekka gerichtet, ins Grab gelegt. Danach wirft jeder der Trauernden drei Handvoll Erde auf den Toten. Wie bei der jüdischen Bestattung sind auch nach muslimischer Tradition Blumen oder anderer Grabschmuck nicht vorgesehen.

Buddhistische Bestattungen

Innerhalb des Buddhismus gibt es viele unterschiedliche Bestattungsrituale. Den Verstorbenen bis zu drei Tage lang aufzubahren ist üblich. In dieser Zeit darf der Leichnam nicht berührt werden, da man glaubt, dass der Sterbeprozess nach dem Tod noch nicht abgeschlossen ist und durch den Kontakt gestört werden könnte. Am verbreitetsten ist die Feuerbestattung, in vielen Gegenden werden Tote auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Teilweise gibt es auch Erdbestattungen. In Japan sind Beisetzungen in Sitzsärgen weit verbreitet. Bestimmte Glaubensrichtungen schreiben die Fötus-Haltung vor, um die Wiedergeburt zu erleichtern. In Tibet gibt es neben der Feuer- und Erdbestattung auch die Himmelsbestattung. Bei dieser wird der Verstorbene im Tal des Buddha abgelegt, von wo die Geier ihn in den Himmel tragen. csl

Die Reerdigung – eine neue Alternative zu Erd- und Feuerbestattung

Bei einer Reerdigung zerfällt der Leichnam des Verstorbenen innerhalb von 40 Tagen in einem besonderen Sarg aus Edelstahl zu Humus
Bei einer Reerdigung zerfällt der Leichnam des Verstorbenen innerhalb von 40 Tagen in einem besonderen Sarg aus Edelstahl zu Humus

Durch einen eigens für sie entwickelten Kokon wird die Transformation des Körpers zu Erde auf natürliche Art und Weise beschleunigt.

Eine Reerdigung läuft folgendermaßen ab: Nach der Trauerfeier wird der Leichnam in einen besonderen Sarg aus Edelstahl, den Kokon, gebettet, der mit Grünschnitt, Stroh und Blumen ausgelegt ist. In ihm zerfällt der menschliche Körper bei einer Temperatur von etwa 70 Grad innerhalb von 40 Tagen zu Humus. Diese Verwandlung geschieht ausschließlich durch die zersetzende Wirkung von Mikroorganismen. Der Kokon wird in Abständen langsam um seine eigene Achse gedreht. Nach Ablauf der 40 Tage werden nicht-organische Stoffe wie Metallfüllungen, Herzschrittmacher, Prothesen oder künstliche Gelenke aus der Erde, zu welcher der Verstorbene jetzt transformiert ist, entfernt und nach Möglichkeit recycelt. Die reine Erde wird dann auf einem Friedhof beigesetzt. Auf dem Grab kann zum Beispiel etwas gepflanzt werden.

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof hat die erste Beisetzung nach einer Reerdigung bereits stattgefunden. „Eine Reerdigung stellt die derzeit innovativste, nachhaltigste und lebensbejahendste Bestattungsart dar“, sagt Max Huesch, der zusammen mit Pablo Metz die Technologie für Reerdigungen entwickelt hat. „Wir gehen davon aus, dass wir in Bälde mit den Hamburger Friedhöfen ein stetes Angebot präsentieren können“ so Pablo Metz. „Die Bestattungsinstitute beraten dazu jetzt schon gern.“ Die Kosten für eine Reerdigung liegen bei rund 1800 Euro. csl

Mehr Infos: www.meine-erde.de

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