Anzeige
Themenwelten Hamburg

05.09.2017 / Auster

Kunst auf den Teller bringen

Köche lieben Lebensmittel und Kreativität. Der Beruf eröffnet viele Möglichkeiten, erfordert aber Stehvermögen

Daniel Rittweger (23) wird im Hotel Louis C. Jacob zum Koch ausgebildet Heiner Köpcke
Daniel Rittweger (23) wird im Hotel Louis C. Jacob zum Koch ausgebildet Heiner Köpcke
YVONNE SCHELLER 

Daniel Rittweger ist ein Top Talent. Das hat der 23-Jährige, der seine Kochausbildung im Hotel Louis C. Jacob durchläuft, jetzt schriftlich – eingraviert in eine Silberne Escoffier-Schale. Beim Nachwuchs-Kochwettbewerb Top Talent 2017 errang er den ersten Preis. Die Teilnahme an hochkarätigen Wettbewerben wie dem Top Talent, der Goldenen Bratpfanne oder „Rookies of the year“ erfordert Kreativität, Schnelligkeit und starke Nerven. Also Eigenschaften, die Daniel auch in seinem Arbeitsalltag im dritten Ausbildungsjahr bei jeder Mahlzeit aufs Neue unter Beweis stellen muss. Besonders zu den Stoßzeiten mittags und abends oder wenn bei einer festlichen Gala im Bankett-Bereich bis zu 250 Essen gleichzeitig serviert werden müssen, ist ein kühler Kopf gefragt.

Sein Beruf erfordere Leidenschaft, aber auch ein dickes Fell, erklärt Daniel. „Wenn viel los ist, kann es schon mal laut werden in der Küche. Aber das ist nach der Schicht alles wieder vergessen.“ Was bleibt, sei der Stolz auf gelungene kulinarische Kreationen. „Ich möchte Kunst auf den Teller bringen und den Gästen damit ein Lächeln ins Gesicht zaubern“, erklärt Daniel. Für ihn stand von Anfang an fest, „es soll die gehobene Gastronomie sein“. Der gebürtige Isländer hatte zunächst überlegt, eine renommierte Kochschule in der Schweiz oder den USA zu besuchen, entschied sich dann jedoch für eine duale Ausbildung in Deutschland, denn „die hat einen sehr guten Ruf“. Da sein Vater im Auswärtigen Amt arbeitete, hatte Daniel schon einiges von der Welt gesehen – und geschmeckt. „Das hat mir bei der Bewerbung die Türen geöffnet“, sodass er beim dreitägigen Probekochen Sternekoch Thomas Martin überzeugen konnte.

Aktuell ist Daniel als Entremetier für Beilagen zuständig. Weitere Ausbildungsstationen – Posten genannt – sind etwa der Saucier (zuständig für Soßen, Fleisch und Fisch), Gardemanger (verantwortlich für kalte Speisen) oder der Pâtissier, der Süßspeisen, Kuchen und Torten zaubert. Eine klare Arbeitsteilung ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf in der Küche. „Darum ist Teamfähigkeit in unserem Beruf so wichtig“, erklärt Daniel. Köche arbeiten in Restaurant- oder Hotelküchen,Kantinen,Krankenhäusern, Seniorenresidenzen oder bei Catering-Unternehmen. Antje Achterberg, ebenfalls Finalistin beim Top Talent 2017, hat sich für eine Ausbildung bei der Allianz Deutschland entschieden, also einer sogenannten Einrichtung der Gemeinschaftsverpflegung. Ein Unterschied: Sie hat ganz normale Arbeitszeiten. „Eigentlich gilt für Köche: arbeiten, wenn andere frei haben. Ich arbeite montags bis freitags von 6.30 bis kurz vor 16 Uhr.“ Zudem beinhaltet Antjes Ausbildung verschiedene Praktika in angrenzenden Bereichen. So war sie für ein paar Wochen in einem Restaurant der gehobenen Gastronomie, in einer Bäckerei, einem Fleischzerlegebetrieb und auf einem Biobauernhof. „Da habe ich Kartoffeln geerntet, Schweine geimpft, Bullen gefüttert und Hühner geschlachtet. Jetzt kenne ich alles, was in die Küche kommt, von Anfang bis Ende“, erklärt die 23-Jährige.

Ihre Ausbildung hat Antje als beste Köchin ihres Jahrgangs abgeschlossen, und ihre nächste Berufsstation steht auch schon fest. „Ich wechsle in die Mitarbeiterverpflegung am UKE, um weitere Berufserfahrung zu sammeln.“ Und später? Ein Studium im Bereich Lebensmittel- oder Ernährungswissenschaften würde sie reizen, erzählt sie. „Um dann neue Produkte zu entwickeln, die sowohl gesund als auch nachhaltig sind.“ Auf lange Sicht würde Antje also die Kochmütze an den Nagel hängen. Keine Seltenheit, weiß Michael Mittelberger, Vorsitzender des „Kochklubs Gastronom Hamburg“, Ausrichter vom Top Talent 2017. „In der Ausbildung sind Frauen noch zu einem Drittel vertreten.“ Doch der Beruf, mit seinen besonderen Arbeitszeiten und den körperlichen Anforderungen – lange auf den Beinen in einer heißen, lauten Küche –, „ist nicht gerade familienfreundlich. Da verlieren wir viele Köchinnen.“ Auch darum fänden sich so wenige Frauen in führenden Positionen. Den verbliebenen Köchen jedoch böten sich exzellente Berufsaussichten, erklärt Mittelberger, der als Berufsschullehrer und 2. Vorsitzender im Landesverband der Köche Nord die Branche bestens kennt. „Nach ihrer Ausbildung werden uns die Jungköche geradezu aus den Händen gerissen und können sich ihren Arbeitsplatz weitgehend aussuchen.“ Dennoch rät er dazu, sich kontinuierlich weiterzubilden. „Es gibt so viele neue Einflüsse und Entwicklungen in unserer Branche. Und dann ist da draußen buchstäblich eine ganze Welt voller Speisen – da hört das Lernen nie auf.“

Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

Voraussetzung: Hauptschulabschluss

Ausbildungsvergütung: ca. 540 Euro monatlich im ersten Jahr, 590 Euro im zweiten und 680 Euro im dritten Jahr

Einstiegsgehalt: ca. 1400 Euro

Karriereleiter: Jungkoch (Commis), stellvertretender Postenchef (Demi Chef de Partie), Postenchef (Chef de Partie), stellvertretender Küchenchef (Souschef) und Küchenchef (Chef de Cuisine)

Perspektive: sehr gut

Weiterbildungsmöglichkeiten: Studium im Bereich Lebensmitteloder Ernährungswissenschaften
Weitere Artikel