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Tennis am Rothenbaum

Dominic Thiem liebt Deutschland

Thiem-Mentor Günter Bresnik über die Nummer eins am Rothenbaum

Dominic Thiem spielt zum zweiten Mal nach 2014 am Rothenbaum
Dominic Thiem spielt zum zweiten Mal nach 2014 am Rothenbaum
Jannik Schneider 

Dominic Thiem ist als amtierender French-Open-Finalist und etablierter Top-10-Spieler das Aushängeschild der diesjährigen German Open am Rothenbaum. Sein langjähriger Trainer Günter Bresnik gibt vor dem zweiten Auftritt seines Schützlings in Hamburg exklusiv Einblicke in eine einzigartige Zusammenarbeit.

Mit Günter Bresnik lässt sich vorzüglich diskutieren. Alte wie aktuelle Weggefährten auf der Profitour attestieren dem gebürtigen Wiener ein ausgezeichnetes, nahezu lückenloses Allgemeinwissen. Gemeinsame Gesprächsthemen gehen da selten aus.

Öffentlich über aktuelle Angelegenheiten seines langjährigen Schützlings Dominic Thiem redet er dagegen nicht ganz so oft. Bresnik erledigt seine Aufgaben mit nach außen hin stoischer Ruhe zumeist im Hintergrund. Beweisen muss der ehemalige Trainer unter anderem von Boris Becker und Thomas Muster ohnehin niemandem mehr etwas.


Die Bindung zwischen dem ersten Top-10-Spieler aus Österreich seit Muster und dem Trainer ist eine der engsten, wenn nicht die engste im Profitennis. Bresnik übernahm Thiem bereits im Alter von zwölf Jahren, stellte trotz großer Widerstände sein passives Spiel, inklusive Wechsel von beidhändiger auf einhändige Rückhand, um. Thiem und seine Familie vertrauten dem Trainer, der sehr schnell noch viel mehr als ein Mentor wurde. Und das bis heute geblieben ist.

Später wurden die Kopfschüttler weniger, die Schulterklopfer mehr. Das Duo belohnte sich mit der langfristigen Etablierung im Profitennis. So gelang der Aufstieg in den Top 10 der Weltrangliste, inklusive zehn gewonnener ATP-Titel. Nachzulesen ist der steinige Weg kurzweilig aufgeschrieben in Bresniks Buch samt aussagekräftigem Titel „Die Dominic Thiem Methode“.

*Weltranglisten-Position bei Meldeschluss
*Weltranglisten-Position bei Meldeschluss
Der neueste Meilenstein: Das Erreichen des French-Open-Finals 2018. Bereits in den zwei Jahren zuvor stand das Halbfinale im Stade Roland Garros auf der Habenseite. Dieses Jahr wurde der Österreicher lediglich vom alles überragenden Rafael Nadal gestoppt. Der Mallorquiner schnappte sich den unwirklich klingenden elften French-Open-Titel. Thiem musste sich, wie 2011 in der Junioren-Konkurrenz, mit dem zweiten Platz begnügen.

Dennoch waren Schützling und Trainer mehr als zufrieden mit der abgelaufenen Sandplatzsaison, die außerdem ein Masters-Finale in Madrid mit sich brachte (Niederlage gegen Alexander Zverev).

Für dieses Sonderheft zur 2018er Auflage der Traditionsveranstaltung am Rothenbaum stand Bresnik gerne und ausführlich Rede und Antwort über seinen frischgebackenen Grand-Slam-Finalisten. Renommierte Turniere wie am Rothenbaum schätzt der Tennisliebhaber. Und schnell wurde klar: Über seinen 24-jährigen Schützling und die aktuellen Entwicklungen im Welttennis hat er, fernab von tagesaktuellen Ergebnissen, ebenfalls einiges zu berichten.

„Wissen Sie: Ich kann ja nicht Wasser predigen und Wein saufen“, antwortete Bresnik auf die Frage, warum sich das Team Thiem/Bresnik für die Teilnahme am Rothenbaum entschieden habe und damit gegen den mittlerweile gängigen Weg, nach Wimbledon direkt zu den Hartplatzturnieren überzusiedeln.

Er sei ein Verfechter dieser traditionellen Sandplatzturniere. Bresnik habe das Turnier früher stundenlang im österreichischen TV verfolgt. „Dominic im Übrigen auch noch als er tennisbegeistert aufwuchs. Auch deshalb ist er sich des Stellenwerts dieses Turniers sehr bewusst“, erklärte Bresnik. Es sei in diesen Zeiten absolut wichtig, dass einige Topspieler sich für dieses Turnier entscheiden. „Ich glaube, sehr viele Leute wären traurig, wenn es dieses Turnier in ein paar Jahren nicht mehr geben würde.“ 

2017 bester Deutscher in Hamburg: Philipp Kohlschreiber (34) kam ins Halbfinale
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Bresnik ist sich sicher, dass aufgrund des veränderten Kalenders der Spielergewerkschaft Sandplatzspezalisten etwas zusammengestutzt worden sind. Übel stößt ihm auf, dass immer mehr Sandplatzturniere verschwinden, die Tennismacher in den USA offensichtlich größeren Einfluss auf den Turnierkalender haben. „Obwohl die Europäer jahrelang viel bessere Ergebnisse abliefern. Geboren wurde das Spiel auf Rasen, in Europa sind die Spieler in den vergangenen 40, 50 Jahren auf Sand groß geworden.“

Diese Entwicklung habe zur Folge, dass heutzutage, anders als noch vor 20 Jahren, ein Top-10-Spieler ein absoluter Allrounder sein müsse. Dass habe Thiem definitiv geschafft. Dennoch wird der 24-Jährige oft in die Rolle des Sandplatzspezialisten gepresst. Bresnik behauptet, dass sein Spieler dieses Kompliment, ein außergewöhnlicher Spieler auf Sand zu sein, gerne annimmt. „Was ihn immer stört, ist, dass er ausschließlich als Sandplatzspieler gesehen wird. Er hat in Acapulco 2017 sein erstes 500er Hartplatzturnier gewonnen, er hat Federer auf Hartplatz geschlagen, er war in der Halle schon im Finale. Er spielt jetzt nicht so viel schlechter auf Hardcourt“, resümiert Bresnik. 

Der Argentinier Leonardo Mayer siegte letztes Jahr als Lucky Loser in Hamburg Fotos: dpa, Getty Images
Der Argentinier Leonardo Mayer siegte letztes Jahr als Lucky Loser in Hamburg
Fotos: dpa, Getty Images
Doch dem Duo, das auch in Kitzbühel aufschlägt, geht es um mehr als Prestige und den rein sportlichen Wert, der bei 500 zu gewinnenden Punkten für die Weltrangliste nach wie vor hoch ist im Norden Deutschlands. „Es kann natürlich sein, dass Dominic mit einer längeren Hardcourt-Vorbereitung vor dem Masters in Kanada trotzdem mehr Punkte ergattern könnte“, philosophiert der Trainer. Doch die Spieler seien mittlerweile sehr, sehr eingeschränkt in ihrer Turnierauswahl. „Wenn zumindest ein paar der Top-10-Spieler etwas variieren, ist dem Turnier sehr geholfen und der Rothenbaum wird sehr aufgewertet. Und natürlich wollen wir auch hier möglichst viele Punkte ergattern.“

Zur Favoritenrolle am Rothenbaum hat Bresnik dennoch ein durchaus ambivalentes Verhältnis. „Grundsätzlich startet Dominic bei jedem Turnier, um es zu gewinnen. Aber ich mag die Geringschätzung von Gegnern nicht, wenn man etwa sagt, den und den muss man besiegen, weil er steht ja nur auf Platz 17.“ Gerne verweist Bresnik an den letztjährigen Überraschungssieger Leonardo Mayer, gegen den Thiem bei seiner einzigen Teilnahme am Rothenbaum 2014 im Achtelfinale scheiterte. Mayer schlägt bei der diesjährigen Auflage ebenfalls wieder auf. Ohnehin ist das Teilnehmerfeld das stärkste seit Jahren. Top-10-Spieler Thiem wird flankiert von mindestens drei Top 20-Akteuren: Diego Schwartzman, Lucas Pouille und Pablo Carreño Busta. 

Der Argentinier Diego Schwartzman (25) gehört zu den Aufsteigern des Jahres
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An das Mayer-Match von 2014 erinnert sich Bresnik genau. „Er war damals kurzzeitig extrem niedergeschlagen, aber das waren noch andere Zeiten bei Dominic, der damals auf dem Weg nach oben war und gerade nach seiner langen Leidenszeit zurückgekehrt war.“ Jahrelang schlummerten bösartige Bakterien in Thiems Darm. Drei Jahre lang war er krank, an Tennis war nicht zu denken. Erst als 2013 die genaue Diagnose gestellt wurde, ging es nach einem vierwöchigen Krankenhausaufenthalt rasch nach oben.

Bresnik hatte schon vor und während der Leidenszeit ein gutes Gefühl bei Thiem. Nachdem er damals endlich fit war, lud Bresnik den renommierten Fitnesstrainer von Roger Federer, Pierre Paganini, nach Wien ein. Der Mentor wollte wissen, wie schnell sein Schützling war. „Sauschnell“, resümierte Paganini nach wenigen Tagen. Anschließend hatte Bresnik keine Zweifel mehr. 

Pablo Carreño Busta (26) zählt seit Jahren zu den besten Sandplatzspielern der Tour
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Vor dem Turnier in Hamburg verweist Bresnik auf die besondere Beziehung seines Schützlings. „Dominic ist ein leidenschaftlicher Deutschlandspieler. Er würde am liebsten jede Woche in Deutschland spielen, hat bereits in Stuttgart gewonnen, spielt regelmäßig in Halle und freut sich nun auch auf den nächsten Einsatz in Hamburg.“

Die Leidenschaft zum großen Nachbarland ist im Übrigen im Norden begründet. Wie Bresnik zum Abschluss des Gesprächs anhand einer schönen Anekdote erklärt.

Er habe Thiem mal in einer ruhigeren Minute zur Seite genommen und über alles Mögliche geplaudert und gefragt, wo er sich gerne ein schickes Ferienhaus zulegen würde in der Zukunft. „Ich habe mit vielen Antworten gerechnet: Karibik, Südafrika, irgendwo, wo es eben schick und warm ist. Aber er will eines auf Sylt kaufen. Ihm taugt es dort richtig“, sagt Bresnik und lacht. Dem Trainer selbst gefällt der Norden, insbesondere Hamburg, ebenfalls besonders. Noch eine Gemeinsamkeit des so gut harmonierenden Duos.
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