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November 2017 / Hamburger Ärztemagazin 

Ein lebensgefährlicher Cocktail

Alkohol und Medikamente

Petra Kolle, 1. Vizepräsidentin der Hamburger Apothekerkammer
Petra Kolle, 1. Vizepräsidentin der Hamburger Apothekerkammer
Dass es keine besonders gute Idee ist, Alkohol und Medikamente zusammen einzunehmen, dürfte allgemein bekannt sein. Doch wie problematisch und zuweilen sogar lebensgefährlich diese Kombination im Einzelfall sein kann, wird allzu oft unterschätzt. So kommt es zum Beispiel immer wieder vor, dass Patienten Medikamente gegen hohen Blutdruck mit alkoholischen Getränken einnehmen, zumal chronischer Alkoholmissbrauch eine häufige Ursache für einen schwierig zu behandelnden Bluthochdruck ist. Und diese Kombination ist besonders tückisch, da sich die Wirkungen der Medikamente und des Alkohols addieren und im Extremfall zu einem tödlichen Kreislaufzusammenbruch führen können.

Bei unseren Stammkunden können wir Apotheker solche Probleme meist ganz gut einschätzen und die Patienten gezielt auf diese Gefahren hinweisen“, sagt Petra Kolle, 1. Vizepräsidentin der Hamburger Apothekerkammer. „Wir haben eine EDV, in der wir nach den Wechselwirkungen schauen. Die gibt uns sofort Hinweise auf Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten, bestimmten Lebensmitteln und natürlich auch mit Alkohol. Wer wegen der Medikamente nicht von vornherein auf den Alkohol verzichten will, sollte dieses Thema deshalb in der Apotheke unbedingt ansprechen“, rät Kolle. Doch nur wenige Patienten fragten direkt danach, zum Beispiel vor Feiertagen, an denen mehr getrunken wird. „Eigentlich sollte jeder Patient von seinem Arzt bei der Einstellung auf neue Medikamente darüber informiert werden, dass im Grunde alle Medikamente Wechselwirkungen mit Alkohol haben“, so Kolle: „Bei kurzfristigen Behandlungen wie einer Antibiotikatherapie oder bei akuten Schmerzen schätze ich aber, dass maximal jeder fünfte Arzt tatsächlich darauf hinweist.“
„Grundsätzlich würde ich mindestens vier Stunden Abstand zwischen Tabletten und Alkohol einhalten.“
In aller Regel sehe ein erfahrener Apotheker den Kunden einen riskanten Alkoholkonsum an, da der insbesondere bei Frauen und Rauchern zu typischen Veränderungen an den Augen und an der Haut führt. Irgendwann rieche man es auch und höre es in der Stimme, so Kolle: „Wir müssen dann entsprechende Warnhinweise zu den Medikamenten geben. Manche Kunden übergehen das dann mit einem Lächeln – und auch das kann ein Zeichen für einen problematischen Umgang mit Alkohol sein, weil die Betroffenen sich das selbst lange nicht eingestehen wollen.“ Im Extremfall könne der Apotheker die Herausgabe des Medikaments auch verweigern, wenn ein Kunde etwa betrunken in die Apotheke komme.

Häufige Wechselwirkungen

Alkohol kann die Wirkung von Medikamenten massiv beeinflussen. Das Hauptproblem ist, dass Alkohol und die meisten Medikamente auf sehr ähnlichen Stoffwechselwegen über die Leber abgebaut werden und so miteinander um die Enzyme der Leber konkurrieren. So kann der Alkohol kurzfristig die Wirkung eines Medikaments verstärken, wodurch das Risiko einer Vergiftung steigt. Auf längere Sicht beeinträchtigt der Alkoholkonsum dagegen die Wirkung der Medikamente, da sie vom Körper schlechter aufgenommen werden. Ein Beispiel ist der Blutverdünner Warfarin. Alkohol führt kurzfristig zu einem erhöh- ten Blutungsrisiko, langfristig steigert er aber das Thromboserisiko. Bei einigen Medikamenten, wie dem Antibiotikum Metronidazol oder dem Blutdrucksenker Verapamil, verhält es sich genau anders herum: Hier beeinträchtigt das Medikament den Alkoholabbau, wodurch die Wirkung des Alkohols massiv zunimmt. In jedem Fall träten bei längerem Missbrauch Leberschäden auf, erklärt Apothekerin Kolle.

Vorsichtsmaßnahmen

„Grundsätzlich würde ich mindestens vier Stunden Abstand zwischen Tabletten und Alkohol einhalten“, rät Kolle: „Wer morgens seine Blutdrucksenker einnimmt und abends feiern geht, hat schon einen großen Sicherheitsabstand.“ Aber übertreiben dürfe man es nicht: „Wer in der Nacht sehr viel getrunken hat, kann den Alkohol bis zum Morgen nicht vollständig abbauen, wenn die nächste Medikamenteneinnahme ansteht.“
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