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Mit einem Würfel durch die Stadt

Viele Studien kündigen die erste große Welle bezahlbarer Elektromobile an.

Jede Menge Stromer aus Wolfsburg: Die neue ID-Familie von VW startet 2020. Sie soll im Herbst vorgestellt werden. FOTO: HERSTELLER
Jede Menge Stromer aus Wolfsburg: Die neue ID-Familie von VW startet 2020. Sie soll im Herbst vorgestellt werden. FOTO: HERSTELLER
Von Thomas Imhof 

Die Platzhirsche Renault Zoe und BMW i3 werden nicht mehr lange die Klasse der erschwinglichen und kompakten E-Mobile allein für sich haben: Die in Genf gezeigten Studien reichen von einer Stromer-Version des legendären Dune-Buggys über ein zweisitziges Quad als Renault Twizy-Konkurrent bis hin zu einem putzigen Prototypen von Honda und einem Sportwagen, auf dessen Haube der Name von Ex-VW-Chef Piëch prangt. Viele sind zwar eben noch als Studien deklariert – doch bis auf Ausnahmen sind es nahezu fertige Serienmodelle, die im kommenden Jahr, spätestens aber Anfang 2021 zu kaufen sein werden.

Der VW-Konzern nutzt Genf, um die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten seines modularen Elektrifizierungsbaukastens zu demonstrieren. Aus dem eigenen Haus kommt der ID.Buggy, eine Reminiszenz an die weltweit bis in die 80er-Jahre insgesamt 250 000 Mal gebauten Strandmobile auf Käfer-Basis. Wie das historische Vorbild kommt auch der New Age-Bug ohne Dach und konventionelle Türen aus. VW will seinen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) auch anderen Herstellern anbieten. Durch eine möglichst umfangreiche Verbreitung des MEB sollen die Kosten der E-Mobilität deutlich gesenkt werden. „Damit soll individuelle Mobilität bezahlbar und nutzbar werden“, erklärte VW-Chef Dr. Herbert Diess in Genf. Die neue VW-ID-Familie mit Strom im Tank geht im nächsten Jahr serienmäßig ans Netz. Start auf der IAA. Die Konzerntöchter Skoda, Seat und Audi zeigen ihrerseits Elektro-Derivate: Die Tschechen präsentieren das viertürige Crossover-Coupé Vision IV, die Spanier einen Vorboten des neuen Leon mit E-Antrieb und Audi den erst 2021 serienreifen Q4 E-Tron, im Grunde ein elektrifizierter Q3. Seat enthüllt zudem das Konzept zum ersten Auto der Marke, das vom Start weg als Elektroauto entwickelt ist. Der El-Born soll in Zwickau gebaut werden. Schon 2020 beim Händler stehen wird Hondas „e Prototype“. Seine ausfahrbaren Türgriffe kennt man bislang nur vom Jaguar F-TYPE und vom Brennstoffzellen-SUV Hyundai Nexo.

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Schon bald auf der Straße: der kleine Honda e Protype. Unten: der winzige Freund für die Stadt – der Citroen Ami One. FOTOS: HERSTELLER
Schon bald auf der Straße: der kleine Honda e Protype. Unten: der winzige Freund für die Stadt – der Citroen Ami One. FOTOS: HERSTELLER
Noch stärker als der Honda auf den Großstadtdschungel zugeschnittene Studien zeigen Citroën, Seat und e.Go. Nach dem Motto der 2 CV „Ente“ – „Wie viel Auto braucht ein Mensch?“ – hat Citroën das 2,50 Meter kurze Ami One Concept entworfen. Der Name ist ein Wortspiel, das sowohl auf das französische Wort für „Freund“, als auch auf die historischen Citroën-Modelle Ami 6 und 8 verweist. Das würfelförmige Modell schafft 45 km/h und könnte geliehen, geteilt, gemietet oder geleast werden. Innen sitzt man wie im Smart – mit dem Beifahrer nach hinten versetzt. Das Smartphone wird nicht nur zum Starten benutzt, sondern gleichzeitig auch als Schlüssel, Navi und Tacho.

Während Citroën den Stadtfreund eher als Denkanstoß einstuft, hat der Minimó von Seat weitaus größere Chancen, den Verkehr in den verstopften Innenstädten künftig wieder flüssiger zu machen. Wie im Vorbild Renault Twizy sitzen die beiden Insassen in einer „1+1-Anordnung“ hintereinander, eingestiegen wird durch Flügeltüren. Mit 1,24 Meter Breite passt der vor allem für Charsharing-Unternehmen gedachte Zweisitzer sogar auf Motorradparkplätze.

Bereits in Produktion geht ab diesem Monat der in Aachen gebaute e.Go Life: 3300 Vorbestellungen wollen abgearbeitet werden! Im Mai folgen die ersten Auslieferungen des ab 15 900 Euro (minus 4000 E-Auto-Prämie) und in drei Leistungsstufen (20, 40 und 60 kW) angebotenen EGOisten. Am Lac Léman fährt das von Professor Günther Schuh gegründete Start-up zwei Premieren auf: eine sportlich angehauchte Version des 3,35 Meter kurzen e.Go Life und den e.GO Lux, einen luxuriösen Shuttle-Bus. Letzterer basiert auf dem kleinen und zusammen mit ZF entwickelten Elektro-Stadtbus e.GO Mover, der zunächst als manuell gesteuerter ÖPNV-Bus zugelassen und ab Ende 2019 ausgeliefert werden soll.

Kia setzt auf Emotionen

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Während Mitsubishi mit seinem nach dem Schweizer Skiort Engelberg benannten Elektro-SUV auf eher konventionellen Pfaden wandelt, setzt Kia mit der im Designstudio Frankfurt gezeichneten Studie eines viertürigen Stromers auf die emotionale Karte. Die Front mit beleuchteter „Tigermaske“ ähnelt dem Hundeknochen-Grill des ersten Ford Capri und Escort, die 21 scheibchenweise auf dem Armaturenbrett drapierten Bildschirme wirken wie zufällig arrangiert, sollen aber voll miteinander koordinieren. Nach dem viertürigen GT Stinger („Stachel“) hat Kia also einen weiteren, diesmal elektrisch angetriebenen Pfeil im Köcher.

Einen schnittigen Elektrosportler mit klassisch langem Vorbau rollt Anton „Toni“ Piëch, Sohn von Ex-VW-Konzernchef Ferdinand, in das Genfer Palexpo. Der „Mark Zero“ soll rund 200 000 Euro kosten, unter 1,8 Tonnen wiegen und 500 Kilometer weit kommen.

Dass die E-Welle nun wirklich anrollt, zeigt zu guter Letzt eine Marke, die gar nicht in Genf vertreten ist: Volvo. Die Schweden mit Konzernmutter in China enthüllten sechs Tage vor dem ersten Pressetag mit dem Polestar 2 einen Gegner für den „kleinen“ Tesla 3.

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