Bootsbauer: Arbeiten zwischen Wellen, Wind und Wasser
Mit der Nase in der Sonne auf dem Deck herumturnen – wer denkt, Bootsbauer kämen in den Genuss, entspannt das maritime Flair eines Yachthafens zu genießen, liegt falsch. Bewerbungen, die zu sehr von der Freiheit der sieben Weltmeere träumen, sortiert Thomas Schwarz meistens sofort aus.
Was der Inhaber der Yachtwerft Klemens in Großenbrode am Ufer der Lübecker Bucht benötigt, sind handfeste Leute, die anpacken, einen anstrengenden Job meistern und „Biss haben“, wie der 52-Jährige es formuliert. In seinem mittelständischen Unternehmen kümmern sich 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Aus- und Umbauten sowie Reparaturen von Segel- und Motoryachten sowie einen Yachthafen mit 220 Liegeplätzen samt Winterlagerhalle für 240 Yachten.
Und doch ist ein Yachthafen ein besonderer Arbeitsplatz – wenngleich Auszubildende Carina Isenberg kaum Gelegenheit dazu hat, entspannt das Spiel der Sonne auf den Wellen zu genießen. Sie konzentriert sich stattdessen auf das Stück Teakholz in ihrer Hand, aus dem eine Stufe für eine Badeleiter werden soll.
Sorgfältig hat sie Maß genommen, das Zusägen muss allerdings ein erfahrener Kollege übernehmen. Denn den Maschinenschein muss sie erst noch erwerben. Die 17-Jährige hat sich bereits während ihrer Realschulzeit auf die Suche nach einem handwerklichen Ausbildungsberuf gemacht. Es sollte etwas Technisches sein, so viel stand fest. Denn ihr Vater ist Schlosser und hat das Faible für Motoren wohl vererbt: Während ihre Schwester Fluggerätemechanikerin ist, hat sich Carina Isenberg nach einigen Praktika für den Bootsbau entschieden. Für die Ausbildung musste die Landratte an die Lübecker Bucht umziehen. In Lübeck lernt sie den theoretischen Teil des Jobs an der Berufsschule. Nun ist bald ihr erstes Ausbildungsjahr absolviert, und die 17-Jährige hat ihre Entscheidung keinen Tag bereut. „Motoren und Technik sind einfach mein Ding“, sagt sie. „Manchmal ist es hart, wenn ich lange über Kopf arbeiten oder schier endlos schleifen muss, aber am Ende des Tages sehe ich, was wir geschafft haben.“ Wer sich für eine Ausbildung zum Bootsbauer interessiert, sollte also eine gute körperliche Konstitution mitbringen, dazu technisches Verständnis. „Und man sollte durchhalten können, nicht gleich aufgeben, wenn etwas nicht auf Anhieb so klappt, wie man sich das vorstellt“, sagt Carina Isenberg. Braucht sie eigentlich auch eine robuste seelische Ausstattung, weil sie in einer Männerdomäne tätig ist? „Nein“, lacht die junge Frau. „Zwar arbeiten im Bootsbau deutlich mehr Männer als Frauen, aber das ist im Arbeitsalltag kein Thema. Bislang musste ich mir nie blöde Sprüche anhören.
In ihrer 22-köpfigen Berufsschulklasse sind sieben weibliche Azubis. Im Frühjahr und Sommer arbeiten Bootsbauer im Freien, im Winter in der Halle. Dann werden Boote „eingewintert“, unter anderem werden die „Masten gelegt“. Das Team arbeitet die Aufträge ab, die Bootsbesitzer über das Winterhalbjahr erledigt wissen wollen. „Bootsbau ist ein universeller Handwerksberuf“, so Schwarz.
In dem Beruf geht es auch um Umbauarbeiten und Instandsetzungen. Angehende Bootsbauer, die sich für die Fachrichtung Technik entscheiden, warten beispielsweise die eingebaute Bordelektronik von der Klimaanlage bis zur Leselampe. Auch auf den Neu-, Aus- oder Umbau von Booten können sich Auszubildende spezialisieren. Die einzelnen Ausbildungsinhalte hängen auch von der Ausrichtung der Lehrbetriebe ab. Die Azubis gehen mit unterschiedlichen Werkstoffen um. Sie schrauben, schleifen, nieten und montieren – mit ihren Händen und natürlich mithilfe von Maschinen. Dabei sei kein Auftrag wie der andere, denn jedes Boot habe seinen eigenen Charakter, so Schwarz: „Deshalb muss man im Bootsbau eigenständig Entscheidungen treffen können. Wer nur auf Anweisungen wartet, wird in diesem Beruf nicht glücklich.“ Katja Wallrafen
Job-Info
Ausbildungsdauer: 3,5 Jahre
Voraussetzungen: Einfacher Schulabschluss, technisches Verständnis, handwerkliches Geschick
Ausbildungsentgelt: 515 Euro im ersten, 611 Euro im zweiten, 721 Euro im vierten Jahr
Weiterbildungsmöglichkeiten: Boots- bzw. Schiffsbaumeister/in