Anzeige
Themenwelten Hamburg
Tennis in Hamburg 03/2018

ATP Physio Yannick Lambrecht

Der Mann, der mit für die Waden von Federer und Co verantwortlich ist. (Foto: Y. Lambrecht)

Der Mann, der mit für die Waden von Federer und Co verantwortlich ist. (Foto: Y. Lambrecht)

Australian Open

Von der Alster zum Yarra River

In der Dezember Ausgabe von TENNIS in Hamburg stand Yannick Lambrecht Rede und Antwort über seine Arbeit als ATP Physio. Yannick ist einer von mittlerweile 18 Physiotherapeuten, die über die Saison verteilt weltweit die großen Turniere betreuen. Der NDR bezeichnete ihn jüngst während eines Interviews als „den Mann, der für die Waden von Federer und Co“ verantwortlich ist. TENNIS in Hamburg sprach mit ihm nach seiner Rückkehr von den Australian Open.

Der Tennisplatz Nr. 1. Yannick mittendrin in der Rod Laver Arena. (Foto: Y. Lambrecht)
Der Tennisplatz Nr. 1. Yannick mittendrin in der Rod Laver Arena. (Foto: Y. Lambrecht)
G‘day, mate, welcome back. Wie war es in Down Under? Traumreise oder Stress in der Sonne?

Es waren meine ersten Australian Open und alle Erwartungen im Vorwege wurden übertroffen. Einfach sensationell, die Bezeichnung „Happy Slam“ hat es einfach verdient. Wenn, dann kann ich nur von positivem Stress berichten. Die Grand Slams werden ja von der ITF und nicht von der ATP organisiert. Es war für mich natürlich eine Ehre, einer von vier eingeladenen Physios der Welt zu sein, das hat sicherlich den Druck vor Ort erhöht.

Ein Grand Slam ist größer als alle ATP Turniere. Was ist für euch als Physios der Unterschied?

Es sind natürlich lange Tage, teilweise über 16 Stunden. Der größte Unterschied und damit auch deutlich höhere Arbeitsaufwand ist eindeutig die Masse an Spielern, die von uns schon ab der Qualifikation jeden Tag fast rund um die Uhr betreut und behandelt werden. In den ersten Tagen tummeln sich rund 320 Spieler/innen in den zwei Umkleiden. Ein weiterer Unterschied ist die damit verbundene Größe der Anlage. Der Melbourne Park, der auf einer Fläche von 20 Hektar gleich 24 Hartplätze inclusive dreier Riesenstadien mit bis zu 15.000 Zuschauern umfasst, muss erst einmal von vier Physiotherapeuten gesichert werden. Denn wenn auf Platz 22, der gefühlt zwei Kilometer von unserer Arbeitsstelle entfernt ist, ein Spieler uns braucht, heißt es, schnell da zu sein. Wir haben viel rotiert und waren gut organisiert. Jeweils einer von uns hielt sich am anderen Ende der Anlage auf, um schnell eingreifen zu können. Toll fand ich, dass man damit auch einmal die einzigartige Atmosphäre und auch die Hitze direkt mitbekommt. 

39 Grad im Schatten, Gael Monfils kurz vor der Aufgabe. Yannick gab ihm den Rat, noch mehr zu trinken als sonst.
39 Grad im Schatten, Gael Monfils kurz vor der Aufgabe. Yannick gab ihm den Rat, noch mehr zu trinken als sonst.
Was waren diesmal die häufigsten Verletzungen, die du behandeln musstest?

Es sind wie immer viele kleine muskuläre Verletzungen in den Extremitäten, aber auch der Rücken war oft betroffen. Und bei der Hitze und den Bedingungen vor Ort lag es auf der Hand, viele Blasenprobleme in den Griff zu bekommen. Den meisten konnten wir gut helfen, einer hatte Pech und musste in seinem wahrscheinlich größten Spiel der Karriere aufgeben.

Für den Zuschauer manchmal nicht ersichtlich, aber jede noch so kleinste Veränderung in so einem perfekt funktionierenden Körper kann einen noch so großen Athleten in die Knie zwingen. Es ist nicht die Größe der Verletzungen, sondern wann, wo und wie sie auftreten. Ich habe vielen Spielern erklären müssen, dass die Pflege ihrer Füße ganz vorne an steht, um zu „überleben“. Unterstützt wurden wir Physios von Podologen, also regelrechten medizinischen Fußpflegern und obendrein von Schuh-Experten der Tennisindustrie.

Die Hitze war auch in diesem Jahr ein Thema. Du warst bei Gael Monfils auf dem Center Court, als die Heat Policy kurz davor war einzugreifen und den Franzosen wenigstens eine kurze Zeit von seinen Leiden erlöst hätte.


Während seines Matches gegen Novak Djokovic hatte die Hitze ihren Höhepunkt und die Turnierverantwortlichen waren kurz davor das Match zu unterbrechen, ein halbes Grad mehr und dies wäre passiert. So musste Gael weiterspielen. Mehr als ihm zu raten, viel zu trinken, kann man nicht tun. Vorbeugung spielt dabei eine große Rolle. Der Turnierarzt und wir sind in solchen Situationen in höchster Alarmstufe, um sofort einzuschreiten, wenn wir es für medizinisch notwendig halten.

Champions Walk. Mit Jan Lennard Struff im Allerheiligsten.
Champions Walk. Mit Jan Lennard Struff im Allerheiligsten.
Bist du nervös, von über 14 000 Zuschauern beobachtet zu werden, wenn du auf den Platz gerufen wirst?

Jedes Mal, wenn das Walky Talky aufrauscht und wir auf den Platz gerufen werden, ist es eine Wundertüte. Wir behandeln im Hintergrund die anderen Spieler und können nur vereinzelnd alle Spiele gleichzeitig verfolgen. Daher steigt meine Nervosität natürlich an, aber das Adrenalin kann ich auf dem Platz gut gebrauchen. Es hilft mir, die richtigen Entscheidungen zu treffen und hoch fokusiert zu sein. Hoffentlich sieht man mir das nicht an.

Hast du privaten Kontakt vor Ort mit den Stars?

Natürlich kennen mich alle und die Atmosphäre ist beinahe familiär und freundschaftlich. Man erkundigt sich nach dem aktuellen Wohl oder unterhält sich über den untergehenden HSV. Privat trifft man sich nicht, dafür sehe ich meine Arbeit zu professionell.

Konntest du dir wenigstens noch ein bisschen was von Melbourne anschauen?

Für einen Kaffee auf der Victoria Street reichte es noch. Ich bin aber nach dem Turnier mit einem meiner Kollegen zwei Tage am Ende der Great Ocean Road in Torquay surfen gewesen. Das war Australien, wie man es sich vorstellt.

Wie sieht das anstehende Jahr für dich aus? Du bist ja „nebenbei“ auch noch in deiner Functional Med Praxis in Hamburg beschäftigt.

Ich bin so gut wie immer erreichbar und kann, wenn ich mal nicht vor Ort sein sollte, auf meine erfahrenen Kollegen, Niklas Johannink und Jan Canjé, in meiner Praxis zählen. Es ist alles eine Frage der Planung. Die Patienten profitieren ja auch von den vielen Reisen, da ich immer wieder mit neuen Ideen und Behandlungsansätzen meiner Kollegen vor Ort inspiriert werde. Im Tennis muss es vor allem auf dem Platz häufig sehr schnell gehen. Ich genieße es, in meiner Praxis mir viel Zeit für die einzelnen Patienten nehmen zu können. Es geht in erster Linie darum, eine gründliche Untersuchung zu machen, um herauszufinden, wie wir am besten helfen können und wo das grundliegende Problem liegt. Wenn der Plan erst einmal steht, muss ich nicht zwangsläufig immer vor Ort sein. In dieser Saison bin ich neben den deutschen Turnieren unter anderem auch in Dubai, St. Petersburg oder Shanghai mit dabei.

Yannick, vielen Dank, noch eine letzte Frage. Du betreust seit vielen Jahren die Profis am Rothenbaum. Wie beurteilst du die augenblickliche Situation um das Turnier?

Von meiner Seite aus kann ich nur hoffen, dass es in Hamburg bleibt. Ich würde ungern mein Heimatturnier verlieren wollen.

Yannick Lambrecht: FUNCTIONAL MED

PT BHSc MT HP, Dry Needle Therapeut
Harvestehuder Weg 48, 20149 Hamburg
Mob. 01577 13 18 183
yl@functional-med.de

www.functional-med.de
Weitere Artikel