Quergedacht mit dem Hamburger Theologen Andreas Hüser
Jeder Monat hat seine Qualitäten. Aber der schönste Monat ist der Mai. Was der Mai früher einmal bedeutete, können wir uns kaum vorstellen. Gemüse, Obst sogar Blumen bekommen wir das ganze Jahr über. Früher musste man warten, bis die Früchte reif waren – und das war nicht vor dem Mai. Kein Wunder, dass der Mai der Monat der Blüte und der Fruchtbarkeit schlechthin ist. Von den alten wilden Fruchtbarkeitsriten sind nur noch zahme Reste übrig geblieben, der Muttertag etwa oder der „Tanz in den Mai“ (wenn er denn mal wieder stattfindet) oder der Mai als Marienmonat, der in vielen Gegenden mit Maiandachten, mit Blumen geschmückten Marienaltären und Marienliedern begangen wird.
Der Monat beginnt bekanntlich mit einem Feiertag: dem Tag der Arbeit. Dieser Tag hat mit Frucht und Frühling eigentlich nichts zu tun. Am ersten Mai 1886 rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung zu einem Generalstreik auf, um den Achtstundentag für Arbeiter durchzusetzen. Später wurde dieses Datum zum Tag der Arbeiterbewegung. Daran hat die Kirche sich angehängt. Papst Pius XII. bestimmte 1955 den ersten Mai zum Fest „Josef der Arbeiter“. Josef, der Zimmermann aus Nazaret, sollte den guten Arbeiter repräsentieren. Ein Mann, der sich duldsam in sein Schicksal fügt, nicht meckert, nicht streikt und keine roten Fahnen schwenkt.
Dabei war Josef eigentlich kein Arbeiter im klassischen Sinne. „Zimmermann“ ist nicht die richtige Übersetzung des griechischen Wortes Tekton im biblischen Originaltext. Ein Tekton machte alles, was an einem Haus zu tun war. Er war Architekt, Bauunternehmer und Handwerker zugleich.
Das Fest „Josef der Arbeiter“ wird selbst unter Insidern eh kaum beachtet. Aber auch der „Tag der Arbeit“ zieht heutzutage nicht mehr so viele Menschen auf die Straße wie vor 50 Jahren. Man sollte diesen Tag trotzdem nicht vergessen. Er kann ein Tag der Dankbarkeit sein für die Arbeit der Frauen und Männer, die uns ein gutes Leben ermöglichen. Von den Früchten ihrer Arbeit beziehen wir Spargel und Erdbeeren, Waschmaschinen und Medikamente. Der erste Mai kann auch ein Tag der Solidarität sein mit Menschen, die in prekären Bedingungen arbeiten müssen und die von einem Achtstundentag auch heute nur träumen können.
AUSGESUCHT
Zum Zuhören: das komplette Buch Tobit als Online-Lesung
In diesem Jahr setzt der St. Marien-Dom seine Tradition einer geistlichen Lesungsreihe in der Osterzeit auf etwas andere Weise fort. Wegen der Corona-Pandemie ist die Reihe diesmal als Online-Angebot umgesetzt worden. Der Schauspieler Sebastian Dunkelberg (Foto) liest in drei Teilen von je 20 Minuten das komplette Buch Tobit aus dem Ersten Testament. Die Erzählung handelt von Tobias, der – begleitet von einem Engel in Menschengestalt – zu einer gefährlichen Reise aufbricht.
Infos unter: www.mariendomhamburg.de
GESEHEN
Zum Stöbern: Webseite mit vielen Informationen für Brautpaare
Das Erzbistum Hamburg hat eine neue Website für Paare eingerichtet, die kirchlich heiraten wollen. „Auf dieser Seite wollen wir Sie unterstützen, Ihren großen Tag zu planen, Fragen zu klären und Kontakte herzustellen. Damit Sie sich gemeinsam auf den Weg in eine treue und verlässliche Zukunft miteinander begeben können“, heißt es auf der Seite. Zu finden sind dort ausführliche Informationen zum Ablauf der kirchlichen Feier, zu Angeboten des Erzbistums für Paare sowie Links und Literaturtipps.
Infos unter: www.kirchlich-heiraten.net
EMPFOHLEN
Zum Hingehen: Gottesdienst zum Europatag
In der Hauptkirche St. Jacobi wird am 9. Mai um 11 Uhr ein Gottesdienst zum Europatag gefeiert. „Gott hilft dem Armen ohne Ansehen der Person und erhört das Gebet des Unterdrückten“, heißt es im diesjährigen Predigttext am Europatag, der jedes Jahr am 9. Mai in Europa begangen wird. Im Gottesdienst werden Schicksale von Menschen aus Litauen, Rumänien und England erzählt, die von Armut und Unterdrückung belastet sind. Es geht um Covid-19 und Armut in Europa und weltweit. Gestaltet wird der Gottesdienst von Hauptpastorin Astrid Kleist, Vizepräsidentin für Zentral- und Westeuropa im Lutherischen Weltbund, von Pilgerpastor Bernd Lohse, Pastorin Christa Hunzinger, Europareferentin der Nordkirche, und Kantor und Organist Gerhard Löffler.
9. Mai, 11 Uhr, Hauptkirche St. Jacobi, Jakobikirchhof 22
ENTDECKT
Zum Reflektieren: Jugendkirche digital
Die Ev.-Luth. Jugendkirche in Flottbek bietet ihre Ausstellung „Alles Anders“ digital an. Der Rundgang durch einen 15-Stationen-Parcours dauert 60 Minuten und gibt jungen Menschen Raum, die Erlebnisse der letzten Monate zu reflektieren, eigene Positionen zu finden und neue Perspektiven zu entdecken – angesichts von Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen und eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten. Die Stationen stellen Fragen wie: „Was machst du, wenn du bei einer Freundin bist und plötzlich sechs weitere Freunde ins Zimmer kommen?“ oder geben Impulse, sich über die innere Balance und das alltägliche Glück Gedanken zu machen. Das Angebot richtet sich an Konfirmandengruppen und Schulklassen. Bis Ende Mai läuft die Ausstellung. Gruppen zwischen sieben und 20 Personen können sich anmelden unter: sekretariat@die-jugendkirche.de