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Das Leben im Altenheim kann viele Vorteile haben. Das zeigt ein Besuch im Theodor-Fliedner-Haus, dem evangelischen Senioren- und Pflegezentrum in Bramfeld

Pflegezentrum Theodor-Fliedner-Haus in Bramfeld: Ein Ort zum Wohlfühlen

Das lichtdurchflutete Hauptgebäude der Einrichtung verbindet die Wohnbereiche miteinander. FOTO: ANDREAS LAIBLE

Gisela Reckel (89) kam direkt nach ihrer Gefäßoperation vom Krankenhaus in das evangelische Senioren- und Pflegezentrum Theodor-Fliedner-Haus in Bramfeld. „Ich wollte nie woanders hin“, sagt die Hamburgerin, die im Rollstuhl sitzt. Sie zeigt ihr großzügiges Einzelzimmer mit Balkon und barrierefreiem Badezimmer. Zu dem hauseigenen Bett und Nachtschrank hat sie eigene Möbel mitgebracht. „Meine Mutter war auch schon hier, mehr als sieben Jahre lang hat sie hier gelebt und fühlte sich sehr wohl“, sagt Gisela Reckel. Auch sie bereut ihre Wahl nicht, „man wird hier gut aufgenommen und hat viel Abwechslung“, sagt die ehemalige Sachbearbeiterin, die nun schon seit zehn Jahren im Seniorenzentrum lebt.


"Unser Ziel ist es, dass alle das passende Angebot gemäß der Phase ihrer Lebensentwicklung bekommen."

Christian Bergmann, Einrichtungsleiter


Schon beim Eintritt in das Hauptgebäude fällt die freundliche Atmosphäre des Hauses auf. Lange Glasfronten erhellen die Flure mit vielen gemütlichen Sitzecken. Auf den Fahrstühlen zu den Wohnbereichen des Gebäudekomplexes mit bis zu vier Stockwerken fallen großformatige Fotodrucke auf. Hamburger Motive wie das Planetarium im Stadtpark oder ein altes Fachwerkhaus aus dem Alten Land bedecken jeweils die gesamte Tür eines Fahrstuhls. „Unsere Wohnbereiche haben keine Nummern, sondern heißen Stadtpark oder Altes Land. Die Verwendung von Stimmungen und Farben schafft nicht nur eine wohnliche Atmosphäre, sondern ist auch hilfreich für unsere Bewohner mit Demenz“, sagt Christian Bergmann, Leiter des Hauses. Denn 26 Plätze der insgesamt 122 gehören zum Sonderpflegebereich „Demenz und herausforderndes Verhalten“, dort ist die Betreuung speziell auf Bedürfnisse der Erkrankten abgestimmt. 

Barbara Baumann (96) und Ilse Kolm (99) teilen sich ein Doppelzimmer. Die beiden Hamburgerinnen verstehen sich gut. FOTO: ANDREAS LAIBLE
Barbara Baumann (96) und Ilse Kolm (99) teilen sich ein Doppelzimmer. Die beiden Hamburgerinnen verstehen sich gut. FOTO: ANDREAS LAIBLE

Wer in das Haus, dessen Träger der Kirchenkreis Hamburg-Ost ist, einziehen möchte, muss mindestens einen Pflegegrad 2 haben. „Zwei Drittel unserer Bewohner kommen direkt aus dem Krankenhaus“, sagt Elisabeth Lichtenberg, Leiterin der Sozialen Betreuung im Haus. Manche seien zuvor schon zu Hause pflegebedürftig und oft auch einsam gewesen. „Hier haben sie die Chance, die soziale Kommunikation, die sie schon verlernt hatten, wieder zu erleben“, sagt Christian Bergmann. Bei der Beratung zu einem möglichen Einzug nehme man sich viel Zeit, wer ein anderes Angebot brauche, werde auch an weitere Informationsstellen wie Pflegestützpunkte vermittelt. „Unser Ziel ist es, dass jede und jeder das passende Angebot gemäß der eigenen Lebensentwicklungsphase bekommt“, sagt Christian Bergmann.

Gegen Vorbehalte über einen Umzug in ein Alten- und Pflegeheim hat der Theologe und Diplom-Pflegewirt Bergmann überzeugende Argumente. In manchen Lebensphasen sei bestimmte Hilfe nötig und dann könne ein Pflegeheim das passende Angebot sein. „Wir hatten auch schon Bewohner, die sogar nach Jahren in dem geregelten und unterstützenden Umfeld des Heims so weit wieder selbstständig wurden, dass sie zurück in die Häuslichkeit gehen konnten“, sagt Bergmann. Auch dass ein großer Anteil der Bewohner in Doppelzimmern wohnt, sei nicht unbedingt ein Nachteil. „Viele unserer bettlägerigen und kognitiv eingeschränkten Patienten sind zu zweit oft besser aufgehoben als in einem Einzelzimmer, manche blühen dann regelrecht wieder auf“, sagt Bergmann.

Sehr positiv bewerten jedenfalls Barbara Baumann (96) und Ilse Kolm (99) die Doppelzimmerbelegung. Beide leben in einem 34 Quadratmeter großen Zimmer zusammen. Jede hat ihre Ecke mit Bett, Kommode und Fernseher, vor dem Balkonfenster stehen ein Tisch und Stühle. Während der Corona-Zeit, in der Speisesaal und Gruppenwohnräume nur für eine reduzierte Anzahl von Besuchern geöffnet sind, nehmen die beiden Damen die Mahlzeiten an dem Tisch ein.„Wir verstehen uns gut“, sagt Ilse Kolm. Ebenso wie ihre Mitbewohnerin ist sie begeistert von dem Essen und den vielen Freizeitangeboten im Haus. „Ich mache fast alles mit“, sagt sie.

Auf der sozialen Betreuung liegt ein Schwerpunkt. „Wir begleiten die Bewohnerinnen und Bewohner in Einzelbetreuung, besuchen sie in ihren Zimmern. Die Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz fördern und unterstützen wir in ihren Eigenaktivitäten“, sagt Sozialpädagogin und Diakonin Elisabeth Lichtenberg. Zudem gibt es tägliche Gruppenangebote, die vom Gedächtnistraining bis Gymnastik und Singen reichen. Die Bewohner können an Ausflügen teilnehmen, und vor der Pandemie gab es im Innenhof Veranstaltungen wie etwa den Besuch von Tieren eines Streichelzoos. Für die Seelsorge, Bibelstunden und Gottesdienste ist Pastor Olaf Ebert zuständig, der im Haus ein eigenes Büro hat.

Gisela Reckel freut sich über das Angebot. „Ich habe hier sogar Malen gelernt“, sagt die Seniorin. Sie gehört auch dem Wohnbeirat an, der in Entscheidungen des Hauses miteinbezogen ist. „Mir gefällt es, dass man hier so leben kann, wie man möchte, und dass man nicht allein ist“, sagt Gisela Reckel. Und so schaut sie gelassen ihrem 90. Geburtstag im Sommer entgegen, den sie, wenn die Pandemie es zulässt, im vertrauten Kreis im Theodor-Fliedner-Haus feiern möchte. ANN-BRITT PETERSEN

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