„Das war eine öde und schwierige Zeit“ Fabienne Faaß aus Wilhelmsburg
Eigentlich hat Fabienne Faaß ein abwechslungsreiches Leben. Tagsüber arbeitet sie in einer Werkstatt der Elbe-Werkstätten und nachmittags, abends und am Wochenende verabredet sie sich gerne mit Freunden oder ihren Eltern. Außerdem geht sie zum Chor, zum Sport, zum Englischunterricht und zu einem Kurs, in dem das Lesen gefördert wird. Doch dann fielen all diese privaten Projekte wie auch die Arbeit drei Monate lang aus. „Das war eine wirklich öde und schwierige Zeit, weil meine Kontakte und Freizeitaktivitäten gleich null waren“, erzählt die 27-Jährige. Besonders gelitten hat sie darunter, dass sie ihren Freund nicht sehen konnte und auch die regelmäßigen Treffen mit der Mama und dem Papa tabu waren.
So hat sie sich die Zeit mit Malen, Videogucken und Fernsehen vertrieben. Und ab und zu ist sie mit einer Freundin und deren Hund spazieren gegangen. „Zum Glück sind die Betreuung und der Kontakt unter den Nachbarn hier im Haus sehr gut, das hat über vieles hinweggeholfen“, sagt Fabienne Faaß, die den Lagerkoller alles in allem gut überstanden hat. Jetzt ist sie froh, dass das „normale“ Leben wieder einigermaßen Fahrt aufgenommen hat. Nur auf das Wiedersehen mit ihrem Freund muss sie noch warten. Vor September wird das nichts. Ambulantes Team stets vor Ort
In der Hausgemeinschaft Neue Mitte in Wilhelmsburg gibt es 26 barrierefreie Wohnungen. Sie sind zwischen 38 und 42 Quadratmeter groß, haben jeweils zwei Zimmer und werden an Menschen mit einer Behinderung vermietet. Zurzeit leben hier 18 Männer und 8 Frauen zwischen 18 und 67 Jahren. Wenn Bewohner das möchten, können sie pädagogische Unterstützung durch den Betreuungsdienst in Anspruch nehmen. Da das ambulante Team von fördern & wohnen stets vor Ort ist, sind Betreuer im Notfall schnell zu mobilisieren. Dabei gibt es ein festes Bezugsbetreuersystem, was heißt, dass jeder Klient seinen festen Ansprechpartner hat. Zur Betreuung gehört fast alles, was im Leben so anfällt – auch (zum Beispiel) Gespräche über Beziehungen oder Konflikte. Außerdem geht es darum, zu lernen, den eigenen Haushalt zu führen, für sich zu kochen oder die Post zu erledigen. Weitere Aufgaben der Betreuer sind die Unterstützung bei der Sozialraumerkundung oder der Suche nach Ärzten.
Zusätzlich werden Gruppen angeboten: Es gibt Kochgruppen, eine Frühstücksgruppe, Frauen- und Männerabende und Spielenachmittage. Wiederkehrende Highlights sind Ausflüge und Besuche kultureller Veranstaltungen. Im Gemeinschaftsraum, der von jedem genutzt werden kann, findet einmal im Monat eine Mieterversammlung statt. Voraussetzung, um im Haus aufgenommen zu werden, ist, dass man nachts allein sein kann, da dann keine Hilfe im Haus ist. Im Notfall gibt es allerdings ein Hausnotrufsystem vom ASB. „Für die Angehörigen ist es zumeist eine große Erleichterung, ihre Liebsten sicher und gut betreut zu wissen“, sagt Christin Langner, die Leiterin des pädagogischen Teams von f&w, die unter Tel. 30 23 65 42 auch gerne für weitere Informationen und Fragen zur Verfügung steht.
Personalie
Ralph Raule (53), der Hamburger Unternehmer und engagierte Aktivist im Behindertenrecht, ist der neue Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen in Hamburg
Die bisherige Senatskoordinatorin Ingrid Körner stand nach langjähriger, verdienstvoller Tätigkeit für die neue Legislaturperiode nicht mehr zur Verfügung. Dazu der Gehörlosenverband: „Wir sind uns sicher, dass Herr Raule für die Stadt Hamburg ein Gewinn ist und vieles für die Gleichstellung behinderter Menschen bewegen wird. Wir wünschen ihm eine glückliche und erfolgreiche Hand in seiner neuen Tätigkeit!“