Wie ein Gap Year Klarheit bringt
Die Pläne vieler junger Menschen wurden jüngst gründlich durcheinandergewirbelt. „Mit Blick auf die Corona-Pandemie gab es zwei Jahre eine erhebliche Unsicherheit bei jungen Menschen, die ihre persönliche Berufswahl zu treffen hatten“, räumt Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hamburg, ein. Vorher hatten jedes Jahr Tausende Schulabgänger ein Gap Year eingelegt, um sich zu orientieren und Erfahrungen zu sammeln. Viele Optionen, sich auszuprobieren, waren in den vergangenen zwei Jahren gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die meisten, die sich auf Programme wie Work and Travel, einen Aufenthalt als Au-pair, die Teilnahme an einem Freiwilligendienst oder einem Studium im Ausland gefreut hatten, mussten zu Hause bleiben.
Aber auch viele Jugendliche, die bei Berufspraktika den Arbeitsalltag entdecken wollten, konnten Betriebe und Arbeitsbereiche oft nur virtuell kennenlernen. Inzwischen sind weltweit viele Einschränkungen wieder aufgehoben, und Auslandsprogramme können wieder stattfinden. Die Resonanz unter den Jugendlichen ist groß. Einige Veranstalter sprechen sogar von einem Boom.
Für viele Jugendliche ist das Gap Year auch die Möglichkeit, das erste Mal mehr als den eigenen Urlaub zu organisieren. Wichtig ist, sich vorher seine Ziele für die Auszeit deutlich zu machen. Ein eigenes Projekt von der Planung bis zur Verwirklichung umzusetzen erfordert gute Organisation, Geduld und Nerven. Klappt es, können die Jugendlichen zu Recht auf sich stolz sein. Denn wer schwierige Situationen allein meistert und in einer fremden Umgebung besteht, ist fit für die bevorstehenden Herausforderungen in Studium oder Ausbildung. Damit das Vorhaben bestmöglich umgesetzt werden kann, empfiehlt es sich, rechtzeitig mit der Organisation zu beginnen. Das ist in der Regel aufwendiger, wenn eine Auszeit im Ausland geplant ist. Dann gilt es, sich rechtzeitig um Einreisebestimmungen, Visa, gegebenenfalls Impfungen und eine Auslandskrankenversicherung zu kümmern. Vorab geklärt werden sollte auch, wie das Brückenjahr finanziert wird. Während es sich bei Au-pair-Aufenthalten und Arbeitsaufenthalten um bezahlte Austauschvarianten handelt, muss man Work-and-Travel-Programme oder erlebnisorientierte Fernreisen selbst finanzieren. Wer Entwicklungshilfearbeit im Ausland leisten möchte, sollte sich schon vorab in dem angestrebten Feld engagiert haben, das steigert die Chancen, im Auswahlverfahren zum Zuge zu kommen. Finanziell unterstützt werden Einsätze zwischen sechs und 24 Monaten im Programm „Weltwärts“ des Bundesministeriums für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Es gibt auch die Möglichkeit, ein Freiwilliges Jahr – mit dem Schwerpunkt auf Sozialem, Ökologie, Sport oder Kultur – zu absolvieren. Es lohnt sich, zu recherchieren, es gibt für fast jedes Interessengebiet einen Einsatzort. Für ihre Arbeit erhalten die Freiwilligen ein monatliches Taschengeld, das aktuell bei höchstens 423 Euro liegt. Wer prüfen will, ob studieren das Richtige ist, kann im Gap Year auch ein Probe-Studium absolvieren, das mittlerweile viele Hochschulen in Deutschland anbieten. Oder mit einem Berufspraktikum einen Abstecher in die Arbeitswelt machen.Wer sein Gap Year richtig nutzt, kann langfristig davon profitieren. Sprachkenntnisse werten jede spätere Bewerbung auf und bereichern auch das persönliche Leben. Praktische Einblicke in andere Lebensbereiche können Jugendliche bei ihrer Studien- oder Berufswahl bestärken oder ganz neue Interessen zutage fördern. CHRISTINE WEIS