Polizei Hamburg: „Unsere Waffe ist das Wort“
Der Beruf Polizistin hat Nuket Aslaner schon immer fasziniert. „Er ist unglaublich vielseitig. Wir gehen mit sehr verschiedenen Menschen um und erfahren von ihren Geschichten. Und nie weiß man vor einem Einsatz, was einen erwartet“, erklärt die 23-Jährige. Tatsächlich hat sie im Rahmen ihres halbjährigen Praktikums im Polizeikommissariat (PK) 23 in Eppendorf schon einiges erlebt. „Zum ganz normalen Alltag gehören Ruhestörungen oder Verkehrsdelikte, aber es gab auch einen Fall von versuchter Tötung“, erzählt sie. So kam es Anfang Mai zu einem Großeinsatz: Ein Mann hatte seine von ihm getrennt lebende Frau mit einem Messer angegriffen, den gemeinsamen Sohn mit Benzin übergossen und dann die Wohnung angezündet. Aslaner war vor dem Haus eingesetzt und hatte die Absperrung und die Landung des Rettungshubschraubers mit organisiert. Der Fall ging ihr nicht so schnell aus dem Kopf. „Natürlich fragt man sich: Was geht in einem Mensch vor, der so etwas tut? Aber wir werden bei solchen Fällen aufgefangen.“ Aslaner wurde von ihren Kollegen und Vorgesetzten immer wieder gefragt, ob es Redebedarf gebe. „Und uns steht immer der polizeipsychologische Dienst zur Verfügung“, ergänzt Alexander Kahle, wie Aslaner im 3. Semester seiner Ausbildung zum Laufbahnabschnitt I (früher mittlerer Dienst).
Kahle absolvierte sein Praktikum, das zur Berufsausbildung gehört, im PK 11 in St. Georg. „Je nachdem, ob man links oder rechts abbiegt, landet man in völlig verschiedenen Welten“, sagt der 32-Jährige. Das Einsatzgebiet umfasst unter anderem die Beratungsstelle Drob Inn, eine der großen Anlaufstellen der Hamburger Drogenszene. „Wir haben es oft mit Menschen zu tun, die für sich nur einen Ausweg sehen – den in die Kriminalität“, sagt Kahle. Und ergänzt: „Unsere Arbeit ist immer auch ein Stück weit ein Balanceakt, weil man einen Einblick in die Hintergründe erhält.“ Tatsächlich hat gerade dieser tägliche Balanceakt Kahle zur Polizei gezogen. „Ich wollte mit meinem Beruf für eine gute Sache einstehen und mich für ein höheres Ziel einsetzen: für die Grundideen des Grundgesetzes.“
Im Berufsalltag kommt dieses hehre Ziel bei Kahles „Klienten“ naturgemäß nicht immer gut an. Er und Nuket Aslaner müssen mit unterschiedlichen Stadien von Aggression umgehen können – verbal und körperlich. Der richtige Umgang mit kritischen Situationen ist ein wesentlicher Teil der Ausbildung. „Im Einsatztraining lernen wir durchaus, wie wir jemanden ohne Verletzungen zu Boden zu bringen, aber vor allem gilt: Unsere Waffe ist das Wort“, erklärt Kahle. In den meisten Fällen reiche tatsächlich die richtige Ansprache, um eine Situation zu entschärfen. Aber konstante Vorsicht sei sehr wichtig.
An den Schichtdienst der angehenden Polizistin musste sich Nuket Aslaners soziales Umfeld erst gewöhnen. „Früher war es für mich ganz normal, viel mit meinen Freunden zu unternehmen. Nun gibt es Wochenend- oder Abendschichten, und vor einer Frühschicht liege ich auch schon mal um 21 Uhr im Bett.“ Zudem müssten regelmäßige Sporteinheiten in die Freizeit integriert werden. Fitness ist eine wesentliche Voraussetzung für den Beruf. Zum einen kann es durchaus passieren, dass Aslaner und Kahle Verdächtigen hinterherjagen müssen. Zum anderen ist der gefürchtete Sporttest Teil des Einstellungsverfahrens, zu dem außerdem eine ärztliche Untersuchung, ein Vorstellungsgespräch, ein kognitiver Leistungstest und ein Diktat gehören. Rechtschreibung sei im Alltag wirklich wichtig, betonen beide. Aslaner: „Unsere Berichte gehen an die Staatsanwaltschaft und den Richter, da müssen sie fehlerfrei sein.“ Yvonne Scheller
Job-Info
Ausbildungsdauer: 2,5-jährige Ausbildung zum Laufbahnabschnitt 1
Voraussetzungen: Mindestens Realschulabschluss oder Hauptschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung
Ausbildungsentgelt: Je nach Jahr 1100 bis 1200 Euro
Weitere Informationen: karriere-polizei.hamburg.de