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Raumausstatter sind kreativ und vielseitig. Im Auftrag der Berufsschule gestalten sie ihr Lernumfeld selbst

Ausbildung zur Raumausstatterin: Fachleute für Polster, Boden und Vorhänge

Katharina Linke absolviert derzeit eine Ausbildung zur Raumausstatterin in Hamburg. FOTO: STEPHAN WALLOCHA

Licht, Sicht und Sonnenschutzanlagen, ein präzises Thema, wie gemacht für den Schulstart der Raumausstatterinnen und Raumausstatter in Ausbildung bei 30 Grad im Schatten. Vier Schülerinnen und zwei Schüler sitzen an ihren Laptops, aktuell natürlich mit reichlich Abstand. Die Auswahl einer geeigneten Anlage, ihr Aufmaß, die Bestellung und Montage ist eine der vielfältigen Aufgaben von Raumausstattern. Zumindest in dem Betrieb, in dem Marek Wolfram arbeitet, ist das Alltag, weshalb der Auszubildende in diesem neuen Lernfeld nach den Sommerferien leichtes Spiel hat. Anders war das noch im vergangenen Schuljahr, als es um den Boden ging: „Bei uns in der Firma haben wir extra Bodenleger. Da mache ich mehr die Deko.“

Vorhänge sind auf jeden Fall Dekoration, sollen aber auch funktional sein, als Sicht- und Sonnenschutz: Im Lernfeldraum der Raumausstatter hängen weiße Lamellen vor den wandhohen Fenstern, ausgewählt, bestellt und montiert von der Vorgängerklasse, wie Berufsschullehrerin Dorthia Ehlers verrät. Jetzt geht es um die Ausrüstung eines identischen Raumes ein Stockwerk tiefer und um die „variable Beschattungsmöglichkeit an einem Bildschirmarbeitsplatz“. So verlangt es die Auftragsbeschreibung, die Ehlers am ersten Schultag verteilt hat: „Das ist gestrickt wie ein Kundenauftrag, darin ist alles enthalten, was ein Lernfeld ausmacht.“ Etwa das Gespräch mit der Auftraggeberin, in diesem Fall einer Lehrerin, der die Azubis anschließend zwei Varianten, egal ob Rollo, Plissee oder Vorhang, inklusive Kostenkalkulation präsentieren.

Als Dorthia Ehlers selbst vor vielen Jahren die Berufsschule absolvierte, war der Schultag noch in einzelne Fächer gesplittet und das Gebäude in Fach- und Klassenräume unterteilt. Inzwischen lernen und arbeiten die angehenden Raumausstatterinnen und Raumausstatter in der „Beruflichen Schule Holz Farbe Textil“, kurz BS 25, integrativ: Nach einer Theoriephase an den Einzeltischen mit Laptops wechseln sie in die Werkstatt im offenen Foyer davor. Hinter den Arbeitstischen mit Nähmaschinen dient die Wand als Schautafel: „Wir wollten das Funktionelle mit dem Kreativen verbinden und haben alte Teppichmuster zu Waben geschnitten, aber auch Linoleum und Korkplatten integriert“, sagt Katharina Linke. Die 22-Jährige wollte nach dem Abitur eigentlich Inneneinrichtung studieren. Durch Praktika hat sie jedoch gemerkt, wie viel Spaß ihr die Verbindung aus Handwerk und Kreation in der Praxis macht. „Ich arbeite sowohl im Objektbereich für Hotels als auch für Privatkunden aus Eimsbüttel oder Eppendorf“, sagt die Auszubildende im dritten Lehrjahr.

In der Fachsprache der Inneneinrichter zählt eine Schule zum „Objektbereich“, weil sie mehr oder minder öffentlich zugänglich ist und strengere Sicherheitsbestimmungen gelten: „Die Vorhänge sollen zwar auch dekorativ sein, vor allem aber müssen sie schwer entflammbar sein“, sagt Katharina. In der Berufsschule hat sie im ersten Lernfeld das Innenleben einer Nähmaschine kennengelernt und seitdem immer mal wieder handfeste Stoffkunde betrieben: „Wir nehmen auch öfter Brennproben, um Stoffe zu analysieren.“ Lichtschutz, Bodengestaltung, Polstern – es ist ein weites Feld, das die angehenden Raumausstatter in drei Lehrjahren beackern müssen.

„Ich habe in der zehnten Klasse ein Praktikum beim Raumausstatter gemacht. Das hat mir gut gefallen, weil der Beruf so vielfältig ist“, sagt Jakob Lampe. Diese Erfahrung gab den Ausschlag. In der Schule ist dem 18-Jährigen das Lernen nicht ganz leicht gefallen, wie er freimütig zugibt. „Das war immer so durchgehastet, und ich kam gar nicht hinterher.“ In der Berufsschule ist es entspannter. Nicht nur, weil die Lerngruppe so klein ist. Das Klima ist angstfrei, die Anwendung nah, und das Konzept sieht auch individuelle Selbstlernphasen vor. „Die Gruppe arbeitet sehr zuverlässig“, lobt Klassenlehrerin Ehlers. Seit 13 Jahren unterrichtet sie an der BS 25 und empfindet die Zusammensetzung der Schülerschaft als „großes Geschenk: Hier kommen ganz verschiedene Biografien, Schulerfahrungen und Abschlüsse zusammen und ergänzen sich.“

Das ist auch das Konzept im Neubau mit gläsernem Kubus, wo Jugendliche ohne Schulabschluss in flexiblen, offenen Gruppen mal eine Bewerbung verfassen oder ein Telefongespräch einüben. „Unser Compartment-Konzept ist revolutionär“, sagt Petra Schilla, Abteilungsleiterin für die Bekleidungsberufe. Ihre Klasse ist gerade an die BS 25 umgezogen und wartet dringend auf Sonnenschutz. Der soll spätestens am Ende des Lernfeldes hängen, sonst haben die Raumausstatter das Ziel nicht erreicht. Für Jakob Lampe ist das Neuland – im Studio Hamburg, wo der Auszubildende beschäftigt ist, werden eher Fenster auf Stoff gemalt, um Bauteile zu kaschieren, als Jalousienmontiert. „Ich nähe Vorhänge für die Bühnen, verlege Böden und streiche Kulissen“, sagt Jakob. Auch schon eine bunte Palette an Aufgaben. Für den Rest sorgen zwölf Lernfelder, verteilt auf drei Schuljahre. Deike Uhtenwohld
 

Job-Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre, Verkürzung möglich
Voraussetzungen: Mittlerer Schulabschluss oder Abitur empfohlen, außerdem Geschicklichkeit und gute Noten in Fächern wie Werken und Kunst
Ausbildungsentgelt: Zwischen 515 und 720 Euro, je nach Betrieb und Lehrjahr
Weiterbildungsmöglichkeiten: Meister, Studium Innenarchitektur oder Bühnenbildnerei
Weitere Infos: hwk-hamburg.de


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