Hamburger wollen Google der Musiksuche werden: Musicu.be
HAMBURG :: Mit der Suche nach einem Musikproduzenten fängt die Geschichte eines Hamburger Start-ups an. David Hoga tippt vor einiger Zeit den Namen Rick Rubin auf der Homepage eines Onlinehandelsgiganten ein. „Als ich den Mann bei Amazon eingegeben habe, kam kein Treffer“, erinnert sich der 32-Jährige. Dabei handelt es sich um einen der bekanntesten Produzenten der Welt. In seiner Diskografie taucht eine breite Palette an Musiker und Stilen auf – von Johnny Cash über Slayer und Red Hot Chili Peppers bis zu Eminem, Lady Gaga und Ed Sheeran. Weil es keine Trefferliste gab (was sich mittlerweile allerdings geändert hat), sagte er sich damals: „Dann machen wir es.“ Er gründete zusammen mit Agnes Chung (45) ein neues Portal für die Musiksuche: Musicu.be, frei übersetzt Musikwürfel.
Die beiden studierten Musikwissenschaftler mit Nebenfach Informatik hatten zuvor mehr als zehn Jahre zusammen in der Musikbranche gearbeitet. Als Schwerpunkt befassten sie sich mit Metadaten und erstellten für ihre Kunden Audioanalysen, ermittelten zum Beispiel Tonart und Tempo eines Stücks. Sie wussten, dass alle Daten zu Produzenten, Komponisten, Schlagzeugern und Sängern vorhanden sind, aber nicht von einer Suchmaschine zusammengefasst werden.
„Wir wollen das Google für die Musiksuche im Business-to-Business-Bereich werden“
Agnes Chung, Gründerin Musicu.be
An dem Punkt setzen die Gründer von Musicu.be an. In ihrem Portal sammeln sie die Daten der Plattenfirmen und aus bis zu einem Dutzend frei zugänglicher Quellen. Das Herzstück der selbst entwickelten Software ist künstliche Intelligenz. Sie analysiert die Audiodateien, kategorisiert und verschlagwortet sie, vergleicht die Daten auf Übereinstimmungen, bewertet ihre Qualität und schafft Verbindungen.
Wie das Portal im Einzelnen funktioniert, zeigt Hoga. Er stellt den Laptop auf den Tisch, ruft seine Webseite Musicu.be auf und tippt „Pink“ in die Suchmaske. Ein Foto der US-Sängerin erscheint, darunter ihr Alter (40) und ihr Geburtsort (Doylestown). Das sind Angaben, die man sich in der Weite des Internets auf vielen Seiten schnell zusammensuchen kann. Darunter wird es aber speziell. Es werden Künstler und Firmen aufgelistet, mit denen PINK zusammengearbeitet hat – wie die Weltstars Peter Gabriel und Christina Aguilera. Zu den Songs gibt es weitere Angaben wie Komponist, Autor und Produzent.
Es gibt aber auch Filtermöglichkeiten unabhängig vom Interpreten. Wird ein ruhiger oder energiegeladener Song gesucht? Soll die Stimmung negativ oder positiv sein? In welcher Sprache wird gesungen? Wann wurde das Lied veröffentlicht? Zu welchem Genre wie Pop, Hip- Hop oder Rap gehört es? Das ist zwar auch für Privatpersonen interessant, die Zielgruppe von Musicu.be sind aber Geschäftskunden.
„Wir wollen das Google für die Musiksuche im Business-to-Business-Bereich werden“, sagt Chung. Den ersten großen Fisch hat das Duo mit Sony bereits an der Angel. 800.000 Songs haben sie für den Musikkonzern analysiert. Musicu.be versteht sich als Dienstleister für Streaminganbieter, Plattenfirmen, Radiosender und Produzenten. Zwar hätten auch die Streamingdienste einen großen Teil der Daten, aber Hoga sagt: „Es ist eine Frage der künstlichen Intelligenz, diese zu heben.“ Und da sieht der Gründer, der von der Standortinitiative next Media.Hamburg zum Beispiel mit Coachings unterstützt wurde, den großen Vorteil für sein Unternehmen. Voraussichtlich Ende des Jahres plant er eine Investitionsrunde, um Partner und Kapital zu gewinnen. Damit soll der nächste Expansionsschritt mit einem weiteren Ausrollen der Software finanziert werden. Man müsse schnell sein, um im Wettbewerb mit den Konkurrenten weiterhin die Nase vorn zu behalten.
„Unsere Vision ist, dass wir jede Frage beantworten können“, ergänzt Hoga. Bei welchen Songs hat Person XY sonst noch mitgespielt? Welche musikalischen Eigenschaften hat das Lied? Um welches Thema geht es in dem Song? Oder aber auch: „Ich möchte einen Song, der ähnlich klingt. Aber ohne Trompete, dafür mit Gitarre“, sagt Hoga. Das Eimsbüttler Start-up verfüge über diese Daten und wisse, was funktionieren könnte. Nahezu in Echtzeit innerhalb von drei bis fünf Sekunden könnten solche Fragen beantwortet werden.
Die Kunden hätten eine Reihe von Vorteilen: Streamingdienste könnten auf ihren Webseiten Fragen durch die Musicu.be-Software beantworten lassen und so Nutzer an sich binden. Händler wie Amazon könnten mehr Ware verkaufen, weil die Internetnutzer auf interessante, passende Lieder hingewiesen werden. Plattenlabel wissen zwar, dass sie Künstler A und B im Portfolio haben, würden aber erst durch die Software erkennen, dass die beiden zusammen harmonieren würden. Zudem sei das Programm effizient und spare viel Zeit.
„Und Musikfans werden wieder mehr Zufriedenheit erhalten, weil die Suche wieder mehr Spaß macht“, sagt Hoga. Derzeit gebe es mehr als 43 Millionen Songs in ihrem System, jeden Tag kämen automatisch 40.000 neue hinzu. Nur ein ganz kleiner Teil von ihnen werde gehört. Die meisten Menschen würden immer die gleiche Musik hören. „Man bewegt sich in einer Blase des Bekannten“, sagt Chung: „Es kommt das 100. Mal Coldplay. Das kling ja auch gut. Durch unsere Plattform können aber ähnlich klingende Newcomer gefunden werden – und man hat den Ausbruch aus der eigenen Blase.“
Neben Sony gehören derzeit ein Start-up und Phononet – der alte Arbeitgeber der beiden Gründer – zu den Kunden. Um schwarze Zahlen zu schreiben, reicht das nicht. „Ein bisschen Geld verdienen wir schon“, sagt Hoga, „aber wir sind nicht profitabel.“ Er hofft, künftig auch die Plattenriesen Universal und Warner überzeugen zu können.
Bleibt noch eins zu klären: Warum heißt das Unternehmen eigentlich musicu.be? „Der Name kommt von dir“, sagt Hoga, zeigt auf Chung und lacht. „Der Würfel steht für Datenabhängigkeiten in verschiedenen Dimensionen“, sagt die 45-Jährige. Für den Punkt mitten im Firmennamen sorgte allerdings Hoga. Mit dem in Belgien (analog zur deutschen Domainendung
.de) verwendeten.be hat es nichts zu tun, so die Gründer. Er möge keine langen Domain-Namen, sagt Hoga: „Ich dachte mir, machen wir den Punkt einfach vor dem be.“
WOLFGANG HORCH
Absatz von Benzin und Diesel bricht wegen Corona ein
HAMBURG :: Die Corona-Krise hinterlässt auf dem deutschen Mineralölmarkt ihre Spuren. Der Benzinverbrauch lag nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) im ersten Halbjahr um 13,3 Prozent und der Dieselabsatz 9,5 Prozent unter dem Vorjahr. Flugkraftstoff war 44,6 Prozent im Minus, leichtes Heizöl wurde dagegen um 25,8 Prozent mehr nachgefragt als im ersten Halbjahr 2019. Im April hatten die Einschränkungen infolge des Virus ihren größten Effekt: Benzin verbuchte einen Rückgang von minus 34,5 Prozent, Diesel war mit minus 21,6 Prozent betroffen.
„Zum einen erleben wir coronabedingt weniger Fernreisen und mehr Urlaub in Deutschland, wobei sich der Pkw als ein bevorzugtes Transportmittel erwiesen hat. Zum anderen haben Kurzarbeit und Nutzung des Homeoffice zugenommen. Daraus ergibt sich eine geringere Zahl von Fahrten zur Arbeit, wobei dann aber verstärkt auf Pkw und Fahrrad gesetzt wird“, sagte MWV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen zu den Ursachen.
Aufgrund der weltweit niedrigeren Rohölnachfrage und gesunkenen Ölnotierungen sind die Kraftstoffpreise in Deutschland deutlich niedriger als im Vorjahr. So kostet der Liter Benzin der Sorte Super E10 im Bundesdurchschnitt derzeit rund 1,25 Euro. Das ist der niedrigste Stand seit Februar 2016. Vor genau einem Jahr waren es 1,39 Euro. HA
Hamburg bleibt bei Autoversicherung besonders teuer
HAMBURG :: Gut 4,5 Millionen Autobesitzer in Deutschland können auf niedrigere Beiträge in der Haftpflichtversicherung hoffen, nachdem der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft die neuen Regionalklassen ermittelt hat. Hamburg bleibt allerdings ein sehr teures Pflaster für die Halter. Für die Hansestadt gilt weiter die höchste Regionalklasse, weil es auf ihren Straßen überdurchschnittlich häufig Unfälle und teure Schäden gibt. Der sogenannte Schadenindex liegt immerhin 27 Prozentpunkte über dem Bundesschnitt. Auch die Regionalklassen für Teil- und Vollkasko bleiben in Hamburg unverändert.
Die Klassen sind ein wichtiger, aber nicht alleiniger Faktor für die Höhe des Versicherungsbeitrags. Der kann laut einer Auswertung des Vermittlungsportals Check24 sogar für Anwohner derselben Straße sehr unterschiedlich sein – wenn Versicherungen ihn danach berechnen, in welchem Postleitzahlgebiet der Besitzer wohnt. So ermittelte das Portal für die Bergedorfer Straße (B5) in Hamburg einen Unterschied von knapp 120 Euro pro Jahr. In einem bestimmten Tarif der AXA Versicherung kostet die Police für einen Skoda Superb Combi demnach 833,75 Euro, wenn der Halter im Gebiet 22111 (Hamm, Horn, Billstedt) wohnt. Nur 715,48 Euro werden für einen identischen Vertrag fällig, wenn der Halter des Skoda eine Adresse mit der Postleitzahl 21029 (Altengamme, Curslack, Bergedorf) hat. hs