Ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung – das galt lange für erfolgreiches Abnehmen. Eine wichtige, oft unterschätzte Rolle spielen dabei aber auch Bakterien in unserem Darm. Geschätzt 100 Billionen Bakterien leben auf und vor allem im Körper des Menschen – die meisten im Verdauungstrakt („Darmflora“ oder „Mikrobiota“). „Je nachdem, wie unsere Darmflora beschaffen ist, kann die Nahrung besser oder schlechter von den Bakterien verwertet werden“, sagt Ernährungsberaterin Sandra Rose-Fröhlich.
„Darmkeime beeinflussen nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch unser Gewicht.“
„Die meisten Bakterien sind kommensale Bakterien – sie ernähren sich von unseren Nahrungsrückständen ohne weitere Auswirkungen“, erklärt Rose-Fröhlich weiter. Doch es gibt auch „Dickmacherbakterien“ im Darm. Etwa 90 Prozent der Dickdarmbakterien gehören den Phyla „Firmicutes“ und „Bacteroidetes“ an. Firmicutes besitzen im Gegensatz zu Bacteroidetes die besondere Eigenschaft, die nicht verdaulichen Ballaststoffe mit Hilfe ihrer eigenen Enzyme zu spalten und dem menschlichen Körper so in Form von Zucker und Fettsäuren zur Verfügung stellen zu können. Denn die Darmkeime beeinflussen nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch unser Gewicht.
Firmicutes-Bakterien, die „Kaloriensammler“, waren deswegen vor Jahrtausenden lebensnotwendig, doch in der heutigen Zeit ist ein Überschuss dieser Bakterien im Darm, wie er sich bei abnehmresistenten Personen häufig feststellen lässt, ein Fluch. Scharfe Kalorienkontrolle nutzt somit nichts, wenn in ihrem Darm die Firmicutes überwiegen und dafür die „Schlankmacherbakterien“ Bacteroidetes, die Zucker „jagen“ und verkapselt zur Ausscheidung bringen können, den Darm nur in homöopathischer Anzahl besiedeln. In der heutigen Zeit findet man in viel zu vielen Lebensmitteln Zucker. Dieser ist die Nahrung für die Firmicutes-Bakterien, weswegen sich die ungeliebten Dickmacher in unserem Darm ansiedeln und vermehren – schließlich sorgen wir mit unserer Ernährung (unbewusst) dafür, dass sie sich in uns pudelwohl fühlen. US-Forscher um Dr. Jeffrey I. Gordon fanden nun heraus, dass die Anzahl der Firmicutes bei Übergewichtigen deutlich höher ist. „Ebenso steigt die Anzahl der Bacteroidetes, sobald das Gewicht wieder reduziert wird“, beschreibt der Genforscher. „Zudem bestätigt unsere aktuelle Studie, dass übergewichtige Personen gegenüber schlanken ein höheres Firmicutes-Bacteroidetes-Verhältnis aufweisen.“ Es geht also nicht nur um Kalorienkontrolle, sondern insbesondere um die Zusammensetzung unserer Nahrung. „Deswegen muss man die Darmbakterien in erster Linie wieder auf „schlank“ programmieren, um danach langfristig abnehmen zu können“, rät Dr. Jeffrey I. Gordon vom Genforschungszentrum der Medizinischen Hochschule Washington. „Mageres Fleisch, Fisch, Nüsse und Samen, Pflanzenöle wie Raps- und Nuss-, Traubenkern-, Sesam-, Lein- oder Olivenöl ergänzen eine richtige Nahrung für den Darm.“
Zudem sollten Lebensmittel wie Gemüse nicht auf dem Speiseplan fehlen, die den Darmbakterien als Nahrung (Präbiotika) dienen – und das am besten mindestens dreimal täglich. Besonders probiotisch können etwa Chicoree, Lauch, Zwiebeln, Schwarzwurzeln, Pastinaken oder Artischocken sein. Im Verlauf des Tages kann zusätzlich ein Becher mit Natur-Magerquark und Natur-Joghurt mit einem Stück Obst vermengt verzehrt werden. Die Milchsäurebakterien helfen positiv dem Darm. „Verzichten sollten Sie hingegen auf alles, das die Firmicutes-Bakterien nährt. Das ist zu viel helles Mehl und Zucker –insbesondere in Fertigprodukten.“ Tipp: Täglich einen Trinkbecher mit Tomaten-Gemüsesaft inklusive einem Esslöffel Rapsöl verfeinert trinken. Das verbessert die Darmtätigkeit positiv. Peter Claußen