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Themenwelten Hamburg

05.09.2017 / Auster

Der Start in die Ausbildung

Ein gutes Namensgedächtnis, Entdeckergeist und Gelassenheit können den Einstieg leichter machen

Im Ausbildungsbetrieb hilft vor allem in den ersten Tagen gute Selbstorganisation picture alliance/Christin Klose
Im Ausbildungsbetrieb hilft vor allem in den ersten Tagen gute Selbstorganisation picture alliance/Christin Klose
DEIKE UHTENWOLDT 

Geschichte, Philosophie, Biologie – das war gestern. Personalwesen, Buchhaltung, Marketing – mit der Erstausbildung betreten Schulabgänger Neuland. Die wenigsten fühlen sich dafür von der Schule ausreichend vorbereitet. So ging es auch Marie Christine Carrillo, als sie vor über zehn Jahren eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen startete. Was die Hochschulabsolventin mit einem Master-Abschluss in Business Administration und Gründerin eines Hamburger Verlags dabei neben Fachwissen und Methodenkompetenz lernte, betraf vor allem die inoffiziellen Spielregeln am Arbeitsplatz. Erfahrungen, die sie im kommenden Jahr in einem Ratgeber veröffentlichen will. Christian Warneke, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Euro-FH, war in unterschiedlichen Branchen tätig und hat zahlreiche Personalauswahlgespräche geführt. Hier die Tipps der Experten:

Schon das Vorstellungsgespräch für die Vorbereitung nutzen: „Ich habe mir damals wahnsinnig viele Gedanken gemacht, was ich anziehen könnte. Man will ja ordentlich aussehen, aber nicht überkandidelt“, so Carrillo, die sich im Sommer für eine schwarze Hose und schöne Bluse entschied. Grundsätzlich gilt für den ersten Tag: Lieber etwas zu schick als zu nachlässig, die Kleidung sollte in jedem Fall ordentlich sein. „Es ist schwer, den ersten Eindruck zu korrigieren“,bestätigtChristianWarneke.GleichzeitigistdasVorstellungsgespräch auch für Bewerber eine gute Gelegenheit, etwas über die Unternehmenskultur des Betriebs herauszufinden. Wie ist der Umgangston? Duzen sich die Kollegen? Welcher Kleidungsstil ist gefragt?

Planvoll einsteigen: Wer den Einstieg geschafft hat, kann sich am Kleidungsstil der Kollegen orientieren. Auch wenn auf Auszubildende vor allem in den ersten Tagen viel Neues zukommt, es lohnt sich, offen, interessiert und wach im Kopf zu sein. Was kann ich kurz und knapp über mich sagen, was macht mich aus, und warum habe ich mich für die Ausbildung entschieden? „In der Regel wird man ja herumgeführt und soll sich dann kurz vorstellen. Da macht es keinen guten Eindruck, wenn man sich etwas zurechtstottert“, sagt Kauffrau Carrillo. „Das fängt damit an, sich die Namen der Kollegen zu merken und auf dem Gang freundlich zu grüßen“, so Warneke.

Never lunch alone: Wenn man am Anfang in einer kleinen Abteilung mit nur drei Leuten ist, die vielleicht halbtags arbeiten und gar nicht essen gehen, sollte man auf andere zugehen. „Das gemeinsame Mittagessen ist gerade am Anfang wichtig, dabei lernt man die Menschen hinter den Kollegen kennen“, so Carrillo. Eigeninitiative sei immer gut. „Nur nicht aufdringlich werden.“

Zwischen privat und Betrieb unterscheiden: „Ich habe tatsächlich schon erlebt, dass neue Kollegen schon am zweiten Tag von ihren Beziehungsproblemen erzählt haben“, berichtet Carrillo. Was dabei vergessen werde: Es sind und bleiben in erster Linie Kollegen, die meisten wollen und werden nicht unsere Freunde werden. Zudem können allzu private Informationen auch immer gegen einen verwendet werden.

Pioniergeist zeigen: „Stell dir vor, du kommst in eine neue Welt und willst sie entdecken“, betont Christian Warneke. Für die Auszubildenden ist der Betrieb die erste Organisation, in die sie nach der Schule eintauchen und die jeweils ihre ganz eigene Kultur hat. Wer dafür ein Gespür entwickele und die Sinne schärfe, sei auch für die nächsten Karriereschritte gewappnet. Wobei sich die Rituale je nach Organisation unterscheiden können. „Schüler wissen bereits aus ihrer Lebenserfahrung, dass eine Behörde anders tickt als ein Internetkonzern“, so der Professor. Jetzt gelte es, sich die ungeschriebenen Spielregeln der Zusammenarbeit bewusst zu machen und sie etwa mit Auszubildenden anderer Betriebe auszutauschen.

Nicht alles persönlich nehmen: „In der Regel sind alle nett zu einem, aber wenn man gerade eine besonders stressige Woche erwischt, kann der Ton auch mal rauer werden“, erzählt Marie Carrillo. Als sie in ihrer ersten Woche für eine Anfrage in eine andere Abteilung geschickt wurde, ging sie davon aus, dass die Kollegin sie noch aus der Vorstellungsrunde kannte. Dies war aber nicht der Fall: „Ich wurde total angeblafft, wer ich denn sei und was ich mir herausnehme.“ Ihr Fazit: sich lieber einmal mehr vorstellen und nachfragen!

Probleme analysieren: Wenn sich aber die Schwierigkeiten häufen, gilt es, das Problem sachlich einzugrenzen, so Warneke. Liegt es an der Struktur, einer einzelnen Person oder den Inhalten? Im Austausch mit Freunden oder anderen Azubis bekommt man Sicherheit in der Bewertung der Situation und kann damit bei Kollegen, dem Betriebsrat oder Ausbildungsleiter vorstellig werden.

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