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Motorrad in Hamburg

Motorrad in Hamburg: In 48 Stunden um die Welt

Einmal mit dem Motorrad durch Grönland. Gar keine schlechte Idee. Und wo man gerade in Grönland ist – warum nicht gleich weiter nach Kalifornien, Brasilien oder Bali. Und da alles so schön dicht beieinanderliegt, reicht doch das Wochenende!

Die Welt ist ein Dorf – in Schleswig-Holstein bewahrheitet sich der Volksmund. FOTOS: DENNIS CIMINSKIUND MARKUS MÖLLER
Die Welt ist ein Dorf – in Schleswig-Holstein bewahrheitet sich der Volksmund. FOTOS: DENNIS CIMINSKI
UND MARKUS MÖLLER
Sie liegt im Hafen und scheint ihren Diesel nur für uns angeworfen zu haben. Zumindest stehen wir in der ersten Reihe, bevor es für uns auf die Fähre geht! Routiniert fertigen die Seeleute die Fähre ab. Vorbuchen? Hier wird noch mit Hand kassiert. Zum Glück herrscht heute Flaute, und Markus und ich genießen den Ausblick auf das Ufer, das bereits nach kurzer Zeit in Sicht kommt. Als sich die Rampe der Fähre senkt, werfen wir die Motoren an, und das Festland hat uns wieder. Bis nach Grönland ist es nur ein Katzensprung, und ab hier soll sie losgehen. Unsere Weltreise – durch Norddeutschland!

Durch die Blomesche Wildnis biegen wir rechts ab. Vorbei an Sommerland, das letzte Woche noch seinen Namen mehr als verdient hat, lockt gleich dahinter Grönland. Die Vorgärten des Minidorfes, in dem es noch weniger Straßen gibt als auf dem echten Grönland, sind verdorrt, genau wie die umliegenden Felder. Wären wir in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands, wären wir aufgrund der skandinavischen Preise für Alkohol sicher arm geworden. Aber Michael, der Besitzer des besten Weinladen Grönlands, empfiehlt uns einen Weißwein, den wir uns heute Abend nach dem Ankommen im „Camp“ sicher zu Gemüte führen werden.

Was der gute Mann alles in seine kleine umgebaute Garage bekommt, nötigt uns Respekt ab. Wir wünschen Michael für seine Zukunft in Grönland alles Gute und versprechen ihm, eines Tages noch einmal zurückzukommen. Vielleicht ja mal nach Feierabend!?
 
Grönland bietet fast mehr Straßen als das Original. Und deutlich wärmer als auf der grünen Insel ist es hier auch.
Grönland bietet fast mehr Straßen als das Original. Und deutlich wärmer als auf der grünen Insel ist es hier auch.
Wir müssen aber weiter, denn die unendliche Weite Sibiriens lockt. Von Grönland aus fast ein Katzensprung. Und wie es sich für einen Sonnabend gehört, wird hier wie im echten Russland geheiratet. Julia und Andre geben sich an diesem Wochenende hier in der Weite des Elmshorner Umlands das Jawort. Wir lernen die beiden bei ihrem Hochzeitsshooting kennen und kommen sofort ins Gespräch.

Was wir denn hier im Regen machen?, wollen die beiden von uns wissen. Als wir ihnen entgegnen, dass wir auf „Weltreise“ sind und heute noch nach Klein-Amerika wollen, muss die Braut schmunzeln und gibt uns zu verstehen, dass sie die Hochzeitsfotos in „Sibirien“ machen. Die beiden freuen sich, dass wir sie fragen, ob sie mit uns auf einem Erinnerungsbild posieren wollen. Und was liegt denn näher, als am Wegweiser nach Sibirien Aufstellung zu nehmen!?

Als dann wieder einmal ein ordentlicher Schauer einsetzt, ist die Sorge um die Brautfrisur doch zu groß, und wir verabschieden uns schnell noch von den beiden und wünschen ihnen noch alles Gute für die gemeinsame Zukunft, bevor wir uns von hier aus auf den Weg Richtung „Amerika“ machen. Auch wenn es sich um eine Miniaturausgabe von Amerika zu handeln scheint – wenn Mr. Trump Amerika erst mal wieder „Great again“ ist, dann wird „Klein-Amerika“ am Nord-Ostsee-Kanal bestimmt auch mal wieder groß – aber bis dahin vergehen sicher noch einige Jahre.
 
Viel Wasser gibt es in Schleswig-Holstein: die kleine Fähre setzt bei Beidenfleth über die Stör.
Viel Wasser gibt es in Schleswig-Holstein: die kleine Fähre setzt bei Beidenfleth über die Stör.
Der Weg an die meistbefahrene künstliche Wasserstraße, die Nord- und Ostsee verbindet, führt uns über die Stör, die hier in Beidenfleth von einer alten Pramfähre überquert wird. Langsam zieht sich der Kahn entlang der Kette über die still dahinfließende Stör. Und die Fährfrau braucht wirklich Kraft in den Armen, um die Zugkonstruktion mit einer altertümlichen Winde nachzuspannen. Und auch wenn wir schon viel gemeinsam gesehen haben, aber die tiefste Landstelle Deutschlands war bisher noch nicht dabei. Mit 3,54 Metern UNTER Normalnull liegt der Anziehungspunkt für Sensationstouristen inmitten der saftigen Weiden des Marschlandes.

Ob der tiefste Punkt Deutschlands jemals so spektakulär wird wie sein Gegenstück, die Zugspitze, wagen Markus und ich mit einem Blick in die Monotonie der Maisfelder und Wiesen zu bezweifeln. Keine Berge, kein Grand Canyon weit und breit.
 
In 48 Stunden um die Welt Image 1
So ganz „Awesome“ oder „great“ sieht es hier gar nicht aus. Bis auf ein kleines Schild und der Anzeige im Navi weist nichts auf den Namensvetter des kleinen Ortes hin, der von einem merkwürdigen Präsidenten regiert wird. Hier am Kanal, der Schleswig-Holstein in zwei Teile trennt, ist die Welt noch in Ordnung. Zum Glück hat der Kaiser beim Bau verfügt, dass Fähren und Brücken für die Menschen gratis sind. Als wir mit der Fähre übersetzen, ist aber entgegen allen Erwartungen kein Schiff zu sehen, das die Abkürzung zwischen Nord- und Ostsee nimmt.

Nach Verlassen der Fähre zeigt die Landschaft im Westen des nördlichsten Bundeslandes ein anderes Gesicht. Der Tourismus an der Westküste ist deutlich sichtbarer. In langen Schlangen schieben sich die Touristenmassen in Richtung Nordsee. Für uns das Signal, St. Peter-Ording über kleine Nebenstraßen anzufahren.

„Welt“ liegt nur unweit des für seine Pfahlbauten bekannten Touristenortes mit dem bekannten Strand. In St. Peter-Ording darf man ganz legal mit seinem Fahrzeug bis fast an die Nordsee. Die Straßenbereifung ist vielleicht nicht die beste Wahl, aber zwischen den weichen Stellen ermöglicht harter Sand immer wieder genug Speed, um Wasserdurchfahrten und losen Sand zu überqueren.

Beim Losfahren dann das Missgeschick. Markus setzt gerade seinen Helm auf, als mir aus Versehen die Hand am Gasgriff verkrampft und ich den halben Strand auf Markus und die Triumph schleudere. Wenn Männer wieder zu Jungs werden, dann muss meist einer leiden! Ich kann mich kaum noch halten vor Lachen und bin gerade noch schnell genug, um vor seiner Retourkutsche den Strand zu verlassen.
 
Nach einem kurzen Stopp am örtlichen Hochdruckreiniger ist dann auch das Salzwasser wieder abgewaschen, und wir nehmen Kurs Richtung Osten, denn langsam wird es spät, und wir haben ja auch noch unseren Wein, den wir den weiten Weg aus Grönland in unseren Koffern gefrahren. Bei Flensburg finden wir keinen schön gelegenen Campingplatz und das Wetter hat sich mittlerweile auch beruhigt.
 
In St. Peter-Ording darf man ganz legal mit dem Zweirad ans Wasser fahren. Unten: Bali wurde nach der Flak-Batterie „Lilienthal“ benannt – und Pippi Langstrumpf haben wir auf dem Gut Schweden nicht getroffen.
In St. Peter-Ording darf man ganz legal mit dem Zweirad ans Wasser fahren. Unten: Bali wurde nach der Flak-Batterie „Lilienthal“ benannt – und Pippi Langstrumpf haben wir auf dem Gut Schweden nicht getroffen.
Bevor wir uns am nächsten Tag aufmachen, Kalifornien, Brasilien und Bali einen Besuch abzustatten stellen wir unseren Kocher auf, mischen die Tomatensuppe aus der Tüte mit den Nudeln und lauschen dem Gesang der Möwen.

Morgen wird hart – immerhin haben wir ein strammes Programm auf dem Zettel. Norwegen und Schweden rufen. Über kleinste Straßen entdecken wir wahre Motorrad-Traumstrecken.

Wer sagt eigentlich, dass der Norden keine Kurven hat? Selbst Kurvenverwöhnte beschweren sich hier sicher nicht. Die teils engen Straßen sind fast so verwinkelt wie die in den Tälern der Berge, auch wenn Berge hier nicht zum Repertoire gehören.

Schweden hatten wir uns dann aber doch etwas größer vorgestellt. Weder ein Einrichtungshaus noch Kötbullar gibt es hier, aber die Hauskatze des kleinen Hofes in der Nähe von Eckernförde scheint die Wärme unserer Motoren zu mögen und schleicht verdächtig lange um meine Africa Twin. Unweit des kleinen Gutshauses liegt die Walachei. Die Straße im sprichwörtlichen Nirgendwo scheint nicht oft von Auswärtigen angefahren zu werden. Bei unserem kurzen Stopp kommt sofort der Nachbar aus dem Garten. Auf die Frage, was wir hier machen?, antworten wir ihm, dass wir zwei Tage auf Weltreise sind und noch ein paar Orte vor uns haben. „Das ist eine coole Geschichte!“, gibt uns der Mittvierziger zu verstehen. Er sei von Hamburg aufs Land gezogen und genießt die Ruhe, hier in der Natur. „Eine gute Reise!“, wünscht uns der gute Mann, der hier am Sonntag ohne Ärger mit Nachbarn seinen Rasen mäht. Manchmal hat es doch was für sich, etwas abgelegener zu wohnen.
Ob das die Einwohner von Kalifornien auch sagen können? Der Ort liegt direkt an der Ostsee und gehört zu den bekanntesten der Orte mit verrücktem Namen in Schleswig-Holstein. Vielleicht liegt es auch an seinem bekannten Nachbarn, denn Kalifornien und Brasilien sind nur durch Poller voneinander getrennt. Angeblich entstand Kalifornien durch den Fund eines Wrackteils mit dem Schriftzug „California“, sodass der Finder seinen Ort einfach danach benannt hatte. Und weil sein Nachbar etwas neidisch zu sein schien, benannte dieser den Ort nach dem tropischen Original.

Was wäre ein Besuch im Norden ohne das echte Fischbrötchen!? Frisch gestärkt entdecken wir Russland, das wir deutlich größer in Erinnerung haben. Viel zu sehen gibt es hier nicht: drei Häuser und einen Waldweg – das war´s auch schon. Wir lassen die Hauptstraßen links liegen und machen uns auf den Weg in Richtung Kiel. Wer hier etwas sehen will, sollte in Laboe das Marine-Ehrenmal und das am Strand liegende U-Boot besuchen. Als eines der wenigen erhaltenen Boote vom Typ VII C/41 wurde das Boot aus dem Zweiten Weltkrieg 1972 auf den Strand gestellt und lädt jedes Jahr Tausende Besucher ein, die Enge hautnah zu spüren.

Zum Glück sind die nächsten Kurven der Holsteinischen Schweiz genau so eng, denn über kleinste Nebenstraßen und guten Asphalt erreichen wir Bali. Die fast schon tropische Vegetation umschließt die kleine Siedlung unweit von Preetz, die ihren Namen einer alten Flak-Batterie zu verdanken hat. „Batterie Lilienthal“ – das klingt nicht nach Sonne, Strand und Exotik, aber hier oben scheint man nicht wählerisch zu sein. Genau das versuche ich Markus auch immer zu sagen – meine Verkuppelungsversuche sind bisher fehlgeschlagen, vielleicht auch, weil er zu wählerisch ist, aber ein Besuch bei der Bräutigamseiche im Dodauer Forst lässt meine Mühen vielleicht doch nicht ganz umsonst sein. Denn wer einen Baum anschreibt, um die große Liebe zu finden, ist auch in Zeiten von Parship oder Tinder ein Träumer oder ein Romantiker.

Die Eiche erhält jeden Tag Post aus aller Welt. Einfach als Gruß oder als Suche nach dem richtigen Partner. Hier kann jeder seine große Liebe suchen. Und so entert Markus die Leiter zum Astloch, in dem der Postbote jeden Tag seine romanische Lieferung ablegt.

Ob man die große Liebe hier im Wald findet? Dafür ist hier vielleicht ein bisschen zu wenig los, aber der Spaß auf den Straßen, rund um den großen Plöner See entschädigt für die entgangene Chance auf die Partnerin fürs Leben.

Kurz vor Berlin also noch einmal links rein um ein wenig Schotter unter die Räder zu nehmen. Auf unserer Reise um die Welt kommen selbst wir als Schotter-Liebhaber noch auf unsere Kosten, bevor wir uns wieder auf den Weg in die glücklichste Stadt Deutschlands aufmachen.

Hier in Glückstadt wartet sie wieder auf uns – die Fähre über das große Wasser. Als die „Wilhelm Krooß“ ablegt, blicken wir in Richtung Norden. Die Sonne von Westen taucht das Ufer in ein magisches Rot, und wir schauen zurück und sind uns sicher: „Die schönsten Abenteuer passen auch in ein Wochenende!“ Text: Dennis Ciminski

Dieser Bericht ist zuerst erschienen im Magazin „Tourenfahrer“
 

Info

In 48 Stunden um die Welt Image 5
Tourlänge: ca. 686 Kilometer
Dauer: 2 Tage

Unterkunft: Wir haben beschlossen, im Zelt zu schlafen. Campingplätze findet man eigentlich überall. Sowohl an der Nordsee als auch an der Ostsee gibt es für jeden Geschmack die richtige Unterkunft. Unser Campingplatz lag in Langballigau unweit von Flensburg. (www.campingplatz-langballigau.de) Eine Empfehlung für Leute, die lieber im Hotel schlafen, ist das Tourenfahrer-Partnerhaus Haus Schwanensee in Bosau am großen Plöner See, www.schwanensee.com weitere Hotels unter www.tourenfahrer-hotels.de

Download der GPS-Daten fürs Navi: https://www.tourenfahrer.de/routenplaner/?routeCode=2774ba8cf8f7cf-8971cb69141ba4656e

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