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AUTOmobil

Zwerge unter Strom

Erstmals präsentierten auf dem Autosalon in Genf praktisch alle Hersteller auch elektrische Modelle. Einige der Klein- und Kleinstwagen für urbane Mobilität sind noch Studie, manche schon straßentauglich

Der neue Freund des französischen Herstellers Citroën: das Ami One Concept Car. Fotos (4): GIMS PhotoproEvent.com
Der neue Freund des französischen Herstellers Citroën: das Ami One Concept Car. Fotos (4): GIMS PhotoproEvent.com
Globale Handelskonflikte, kaum zu erreichende Klimaziele, Fahrverbote und ein Wandel des allgemeinen Zeitgeistes: Die Automobilindustrie durchlebt schwere Zeiten. Auch der Automobilsalon in Genf bekam das zu spüren: Die diesjährige Ausgabe der großen europäischen Frühjahrsmesse, bei der Ford, Opel, Volvo und Hyundai fehlten, hatte ein deutliches Besucher-Minus zu verzeichnen. 602.000 Gäste am den 13 Öffnungstagen, rund neun Prozent weniger als im bereits publikumsarmen Vorjahr. In den besten Jahren zählte der Veranstalter mehr als 700.000 Besucher. 2019 zeigte sich in Genf jedoch auch, dass ein Bereich des Automobilbaus infolge der sich wandelnden Rahmenbedingungen nun kräftig Aufschwung zu bekommen scheint: die Elektromobilität. Zwar standen auf dem Autosalon auch in diesem Jahr wieder reichlich klassische SUVs in allen erdenklichen Varianten, doch es war nicht zu übersehen, dass sich die Branche in Richtung Elektromobilität umorientiert. Von nahezu jedem Hersteller wurden E-Fahrzeuge präsentiert – Stromer in verschiedenen Ausführungen, vom Kleinstwagen bis zum Supersportwagen. Konzentrieren wir uns auf die eher bezahlbaren kleinen Stromer:

e.Go Life: Wirtschaftlich und sauber durch die Stadt

Eine Besonderheit „Made in Germany“ war in Genf der von Prof. Dr. Günther Schuh und seinem Team entwickelte und gebaute e.Go Life.
Ab 2010 hatte Schuh als Leiter einer privatwirtschaftlich organisierte Forschungsinitiative an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen den Elektrotransporter Streetscooter entwickelt und ihn 2014 an die Deutschen Post verkauft. Anschließend gründete er die e.GO Mobile AG und beweist mit ihr nun, dass auch in Deutschland ein Start-up ein konkurrenzfähiges Elektroauto bauen kann.

Retro-Look mit modernster Technik im Honda Urban EV
Retro-Look mit modernster Technik im Honda Urban EV
Auf dem Autosalon präsentierte Schuh erstmals die Serienversion des e.GO Life. Das 3.348 Millimeter lange viersitzige Kurzstrecken-E-Fahrzeug soll bereits Anfang Mai 2019 an die ersten Kunden ausgeliefert werden. Der Spaceframe, ein Gitterrahmen aus Alu-Profilen und die Kunststoff außenhaut machen den e.GO Life laut Hersteller überdurchschnittlich robust und gleichzeitig besonders preisgünstig. Den kleinen Stromer wird es in drei Varianten geben: e.GO Life 20 (maximal 112 km/h, elektrische Reichweite gemäß WLTP 100 km, ab 15.900 Euro), e.GO Life 40 (maximal 123 km/h, elektrische Reichweite gemäß WLTP 113 km, ab 17.400 Euro) und e.GO Life 60 (maximal 142 km/h, elektrische Reichweite gemäß WLTP 145 km, ab 19.900 Euro).

Elektrischer Buggy
Spannende Enthüllung der Serienversion des e.GO Life
Spannende Enthüllung der Serienversion des e.GO Life
Viele Blicke zog auch der VW ID Buggy auf dem Autosalon auf sich. Das lag zweifellos an der pfiffigen Optik; das Modell sieht aus wie eine elektrische Neuauflage des Strandklassikers aus den 1960er-Jahren. Noch ist er Studie, aber die Wolfsburger wollen den ID Buggy innerhalb der nächsten zwei Jahre mit Hilfe externer Partner tatsächlich produzieren. Die Karosserie ist dabei individuell gestaltbar, da sie sich vom Rahmen trennen lässt. Möglich ist das durch die MEB-Plattform von Volkswagen, auf der bisher alle Elektrostudien und das Serienfahrzeug ID Neo basieren. Sie beinhaltet eine 62 Kilowattstunden große Batterie, die den Buggy laut WLTP-Messung bis zu 250 Kilometer weit mit Strom versorgt.



Jetzt noch eine Studie, aber vielleicht fährt er in zwei Jahren ganz leise am Strand? Der VW ID Buggy
Jetzt noch eine Studie, aber vielleicht fährt er in zwei Jahren ganz leise am Strand? Der VW ID Buggy
Auch Citroën präsentierte einen elektrischen Zwerg, aber einen für die Stadt. Die Studie Ami One Concept, optisch eine lustige Erscheinung zwischen überdimensionalen Würfel und Play - mobil-Fahrzeug, versteht sich als urbanes Mobilitätskonzept. Das Kleinstauto erreicht mit seinen acht PS lediglich Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 45 km/h und kommt 100 Kilometer weit. Dafür reicht der Führerschein der Klasse AM. Ami One Concept kann an eine öffentliche Ladestation oder Wall Box angeschlossen und mit seinem Stromkabel in 2 Stunden aufgeladen werden. Ohne Smartphone geht beim kleinen Zweisitzer allerdings nicht viel: Das Handy ist das Herzstück der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Zum Ver- und Entriegeln des Fahrzeugs liest es den QR-Code am Aluminiumsockel der Türgriffe, an Bord platziert der Fahrer das Smartphone im Drive- POD-Bereich vor sich. Mit diversen Apps kann der Fahrer von seinem Smartphone aus auf ein breites Service-Angebot zugreifen. So bietet z. B. eine spezielle App verschiedene Carsharing- und Leasingformeln mit einem entsprechenden Service-Portal (Aufladung, Parkplatzsuche etc.) an. Honda zeigte in Genf einen seriennahen Prototypen seines ersten Elektroautos. Plan ist, den im Retro-Design gehaltenen Urban EV, der ein wenig an den ersten Civic erinnert, 2020 auf den Markt zu bringen. Der neue Japaner soll mindestens 100 PS leisten und 200 Kilometer mit einer Batterieladung schaffen. Einen Preis nennt Honda noch nicht.

Peugeot 208 jetzt als Stromer


Spiel, Satz und Sieg – auch Peugeot startet mit dem 208 in das E-Zeitalter
Spiel, Satz und Sieg – auch Peugeot startet mit dem 208 in das E-Zeitalter
Auch Peugeot feierte in Genf eine Premiere: Erstmals gibt es den beliebten 208 als reines Elektroauto. Der 136 PS starke Kleinwagen kommt mit einer Batterieladung bis zu 340 Kilometer weit. Laut Peugeot ist der Akku (50 kWh) an einer 100 kw-Säule innerhalb von 30 Minuten zu 80 Prozent wieder aufgeladen. Zu Hause an der Steckdose dauert’s deutlich länger: Nach acht Stunden ist die Batterie wieder voll, dann aber komplett. Im Herbst soll der e-208 auf den Markt kommen, der Preis ist noch nicht bekannt. mh



MEB-Plattform meint den Modularen E-Antriebs-Baukasten für die Herstellung von Elektroautos. Mit ihm werden Ideen zur Anlage der Achsen, Antriebe, Radstände entwickelt, aber auch Fragen nach dem besten Design und der optimalen Positionierung der Batterien beantwortet.
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