Das Erbe-, das Pflichtteil und die Erbunwürdigkeit: Hamburger Rechtsanwalt Wolfdietrich Axmann gibt Auskunft
HAMBURG Die Aussage, dass das Erbrecht viel Streitpotenzial bietet, überrascht wahrscheinlich nur wenige. Da sind zum einen die Erben, die gerne darüber streiten, wer, was zu bekommen hat oder sich anrechnen lassen muss. Auch wenn im Gesetz die Erbfolge und ihre Auswirkungen bereits recht gut geregelt sind, ist es daher häufig sinnvoll, im Zuge eines Testaments festzuhalten, was man denn im Falle seines Ablebens tatsächlich wünscht. Es ist allerdings auch sinnvoll, schriftlich festzuhalten, wenn man Dritten in einem größeren Umfang irgendwelche Zuwendungen zukommen lässt. Hier sollte insbesondere dann angegeben werden, warum diese Zuwendung erbracht wird und gegebenenfalls auch, ob und wann diese auszugleichen ist.
Pflichtteil ist gesetzlich verankert
Aber nicht nur unter den Erben gibt es häufig Streit. Immer wieder ist zu hören: mein Sohn/meine Tochter war nicht nett zu mir, ich will mein Testament so gestalten, dass der/die überhaupt nichts bekommt. Das ist so leider gar nicht so einfach.
Zwar kann man gesetzliche Erben per Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen aber das sogenannte Pflichtteil kann man faktisch nicht umgehen, da dieses vom Gesetzgeber so gewollt ist. Zum Personenkreis der Berechtigten gehören erst einmal die Abkömmlinge des Erblassers und so keine vorhanden sind, die Eltern, so diese noch leben. Daneben hat auch der überlebende Ehegatte einen entsprechenden Anspruch, so denn nicht schon ein Scheidungsverfahren in die Wege geleitet wurde.
Die Berechnung des Pflichtteils ist einfach. Zunächst wird der Nachlass festgestellt, alsdann berechnet man, wer, wie viel bekommen hätte, so kein Testament vorliegen würde und die Pflichtteilsberechtigten bekommen hiervon dann nur die Hälfte. Als kleiner Hinweis sei angemerkt, dass die Erbansprüche immer auf die Teilung des Nachlasses einschließlich der Gegenstände gerichtet sind. Dagegen haben Pflichtteilsberechtigte nur einen Anspruch auf Geld und gerade nicht auf einzelne Gegenstände. Im Zweifel müssen Werte durch einen Gutachter geschätzt werden.
Besonders spannend wird es jedoch bei den Pflichtteilsergänzungen, wenn es Zuwendungen zu Lebzeiten gegeben hat. Hintergrund ist, dass manche Erblasser auf die Idee kommen, sich noch zu Lebzeiten arm zu schenken, damit die Erben möglichst wenig bekommen. Genau dieses will der Gesetzgeber verhindern. Die Berechnung solcher Ansprüche ist allerdings sehr kompliziert und von vielen Faktoren abhängig. In solchen Fällen werden Sie ohne anwaltliche Hilfe nicht weiterkommen. Daher ergibt es Sinn, sich hier klar zu positionieren.
Wann ist ein Erbe „erbunwürdig“?
Ein weiterer Themenkomplex, der immer wieder zur Sprache kommt, ist die Erbunwürdigkeit. Hier sind es dann in der Regel die Erben, die sagen, der Miterbe XY war gemein zum Erblasser, der ist doch erbunwürdig. Aber auch dieses ist nicht so einfach und die rechtliche Durchsetzung sogar noch schwieriger.
Die Erbunwürdigkeit ist in § 2339 BGB geregelt ist und die dort aufgeführten Gründe sind abschließend. Wer meint, sich hierauf berufen zu können, sollte sich den Paragrafen ruhig einmal ansehen. Die größte Schwierigkeit bei der Geltendmachung der Erbunwürdigkeit ist die Beweislast. Bei der vorsätzlichen oder versuchten Tötung entsprechend Absatz 1 kann dieses noch am ehesten durch entsprechende Untersuchungen festgestellt werden.
Bei der Nötigung oder der Drohung entsprechend Absätze 2 und 3 wird der Beweis deutlich schwieriger, weil man den Erblasser in der Regel nicht mehr fragen kann. Die wohl am häufigsten vorkommende Alternative ist in Absatz 4 geregelt, die man umgangssprachlich auch mit Urkundenfälschung bezeichnen könnte.
Gemeint sind die Fälle, in denen jemand ein Testament des Erblassers fälscht, verfälscht oder unterdrückt. Festzustellen ist also, dass man für die Erbwürdigkeit zunächst einmal das Vorliegen schwerer Straftaten darlegen und letztlich auch beweisen muss. Aus diesem Grunde ist es ausgesprochen sinnvoll, bereits zu Lebzeiten Vorsorge zu treffen.
Wolfdietrich Axmann,
Rechtsanwalt