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INTERVIEW

Drei Fragen an… Dr. Geerd Dahms aus Bergedorf

Neubau am Serrahn

Wie geht Bergedorf mit seinen schönen alten Häusern um? 

Viele Eigentümer in Bergedorf pflegen und erhalten ihre historischen Bauten mit hohem Aufwand. Natürlich gibt es, wie überall, schwarze Schafe, die schutzwürdige Gebäude auf großen Grundstücken aufkaufen und diese mit teils gigantischen Neubauten überplanen, die nicht zur Nachbarbebauung passen und den Rahmen des Erträglichen sprengen. Diese zerstörerische Praxis geht zu Lasten Bergedorfs und vieler Bewohner, da die gewachsenen Strukturen und historischen Bauten Teil der Identität sind. Und das geht auch zu Lasten der Umwelt, da die Sanierung alter Bausubstanz bedeutend umweltfreundlicher ist als Abbruch und Neubau. Hinzu kommt die Versiegelung von Grund und Boden. Diese destruktive Entwicklung begünstigt Spekulanten, die in der Regel teure Eigentumswohnungen zum lukrativen Wiederverkauf errichten. Hierfür finden sich jüngste Beispiele am Gojenbergsweg, an der Holtenklinker Straße oder Am Brink. Auch rücksichtlose Gewerbeneubauten, wie am Serrahn, zerstören das Stadtbild. Dagegen gibt es positive Beispiele, so Ecke Reetwerder/ Alte Holstenstraße oder in der Ernst-Mantius-Straße.
 

Wie erklären Sie sich, dass Bergedorf seinen Schatz an historischen Bauten nicht besser hütet? Schließlich gibt es hier ein großes Potenzial, über das bei weitem nicht jeder Stadtteil verfügt.

Bergedorf verspielt sein Tafelsilber. Zwar haben wir immer noch eine ansehnliche Zahl historischer Bauten, doch werden sie mit jedem Abriss weniger. Diese Entwicklung ist politisch gewollt und wird bauamtlich gefördert. Dabei könnte hier mit der Ausweisung von Erhaltungsgebieten intelligent gegensteuert werden, ohne Wohnungsbau an anderer Stelle zu behindern. Erhaltung, wo erforderlich, und nicht Abbruch und Zerstörung um jeden Preis ist das Gebot der Stunde. Politik und Bauverwaltung aber sind auf das lukrative Zuklotzen von Lebensraum und den Abbruch erhaltenswerter Gebäude ausgerichtet. Hier geht es selten um bezahlbaren Wohnraum, sondern um Zuzug von außerhalb. Damit wird die Umwelt und das lebens- und liebenswerte Bergedorf zerstört. Denken wir nur an das ins unendliche potenzierte Verkehrsaufkommen, das schon jetzt den fließenden und ruhenden Verkehr an den Rand des Kollapses bringt. 

Dr. phil. Geerd Dahms, M.A. 
Dr. phil. Geerd Dahms, M.A.
 

Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

Für die Zukunft wünsche ich mir Bewusstseinsbildung und Einsicht bei den politisch und behördlich Verantwortlichen. Dazu gehört eine Kehrtwende, für die es noch nicht zu spät ist. Darüber hinaus haben wir für die Zukunft große Veränderungen der Altstadt zu erwarten, die beiden Karstadthäuser und das Parkhaus an der Schlossstraße müssen Neubaukomplexen weichen. Hier werden die Weichen für das zukünftige Gesicht Bergedorfs gestellt. Verspielen wir nicht auch noch diese Chance.

DR. PHIL. GEERD DAHMS, M.A. ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Denkmalschutz und Denkmalpflege in Deutschland. Lehrbeauftragter der HafenCity Universität Hamburg – Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung.

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