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Tennis in Hamburg

Fairness im Sport - noch zeitgemäss?

Drin oder Aus?

Drin oder Aus?

„Ich werde lieber unfair Meister als fair Letzter.“

Ist es im Jugend-Trainingsbereich bereits so weit gekommen?

Psychologen und Sportwissenschaftler erforschen seit Jahren das Fairness-Verhalten von Fußballern. Eine ihrer Erkenntnisse lautet: Der Trainer hat großen Einfluss darauf, ob seine Spieler bereit sind, gegen Fairnessnormen – und damit auch gegen Gerechtigkeitsprinzipien – zu verstoßen. Leistungsnorm und Fairnessnorm ringen miteinander. Doch egal was passiert, am Ende gewinnt stets die Leistungsnorm. So unfair kann Fußball-Ethik sein! Eigentlich sollen Kinder, die Fußball im Verein spielen, positive Werte wie Fairness und Respekt vor dem Gegner vermittelt bekommen. Gleichzeitig sollen sie erfolgreich sein. Und diese beiden Normen sind nun mal nicht in Einklang zu bringen, wie eine Studie des Sportwissenschaftlers Gunter Pilz von der Universität Hannover schon vor Jahren belegt hat. „Fairplay wird viel zu hoch gehängt.“

Pilz hatte 1000 Fußballer zwischen 12 und 14 Jahren zu ihrem Fairness- Verständnis befragt. Dabei zeigte sich, dass die Bereitschaft der jungen Sportler, ein absichtliches Foul zu begehen, mit der Dauer der Vereinsmitgliedschaft zusammenhing. Je länger jemand im Verein kickte, desto eher war er bereit, unfair zu spielen. Zu einer ähnlichen Erkenntnis gelangte der Sportpsychologe Hartmut Gabler, der gleichfalls 1000 Jugendliche befragte. Je größer der Wettkampfcharakter des Fußballs, so Gabler, desto irrelevanter werden Fragen der Fairness. Von Fairness und Respekt fehlt irgendwann jede Spur. Nach Ansicht von Pilz lernen junge Fußballer, „dass es akzeptabel, ja sogar geboten ist, Regeln im Interesse des Erfolgs zu verletzen“. Pilz zitiert einen C-Jugend-Auswahltrainer mit den Worten: „Fairplay wird viel zu hoch gehängt. Ich werde dafür bezahlt, erfolgreich zu sein, und da kann ich keine Rücksichten auf Fairplay-Bemühungen nehmen.“ Wenn sich Trainer so äußern, verwundert es nicht, dass C-Jugendspieler Sprüche wie diese von sich geben: „Ich werde lieber unfair Meister als fair Letzter“ oder „Fairness bedeutet, nach Möglichkeit fair zu spielen und wenn es sein muss, fair zu foulen.“ Faires Foul – das ist ein Gegensatz in sich. Dieser Widerspruch versinnbildlicht das moralische Dilemma des Sportlers: Dass er beides zugleich sein soll, nämlich fair und erfolgreich, beides aber nicht gleichzeitig einlösen kann.

„Fairness bedeutet, nach Möglichkeit fair zu spielen und wenn es sein muss, fair zu foulen.“

Dass dies alles nicht nur im Fußball, sondern auch im Tennis gang und gäbe ist, belegt die Aussage eines Jugendspielers, der Lehrgänge des DTB besuchte. Auf die Frage eines Trainers, wie man sich verhalten sollte, wenn bei einem Spielstand von 5:4 im dritten Satz, bei Matchball für oder gegen, der Ball knapp aus oder knapp im Feld wäre, antworteten acht von 10 Jugendlichen: „Ich entscheide in dem Moment ganz klar für mich, auch wenn ich gesehen habe, dass ich falsch lag.“ Es gab keine Widerrede des Trainers, was bedeutet, diese Unfairness wird, wenn nicht gefordert, stillschweigend gutgeheißen. Selbstverständlich treffen diese angeführten Beispiele nicht auf den Großteil der deutschen Trainerschaft zu. Fest steht aber, der Trend zur Fairness ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht zu erkennen. Nun wird in der heutigen Zeit mit Biegen und Brechen, Kratzen und Beißen gefightet in allen möglichen Lebenslagen, also auch im Tennis. Nur, je höher man sich in die ATP/WTA Hierarchie hineinspielt, umso weniger kommt man mit unfairen Methoden auf die Dauer durch. Das ist dann beinahe ein Kulturschock für die „ganz-klar-im-aus“ Experten. Ich möchte auch Tenniseltern nicht unterstellen, ihre Töchter und Söhne absichtlich zur Unfairness aufzurufen. Viele von diesen, die nur ihr Bestes für ihre Zöglinge wollen (nicht wenige träumen allerdings vom Allerbesten, nämlich der großen, finanziellen Karriere), haben selbst nie Tennis gespielt und wissen gar nicht, wie ein Ball fliegt – da hilft auch kein Fielmann. Die Flugkurve eines schnellen Topspinschlages (entweder bei Physik früher nicht aufgepasst oder damals schon nichts begriffen) ist ihnen auch nach Jahren ein Rätsel, dass der Ball nicht einen Meter ins Aus fliegt, sondern einen Meter im Feld landen kann, passt nicht in ihre Vorstellung. Mit dieser „Sehschwäche“ fängt es meist schon an. Mit Einmischung von außen in die Matche ihres zukünftigen Profis, Klatschen wenn der Gegner einen Doppelfehler fabriziert, ganz abgesehen vom ungenierten Coachen geht es weiter. Und dies sind keine einmaligen Beobachtungen von mir.

Die Turnierveranstalter, speziell bei Jugendturnieren, sind hier mehr gefragt, meist sind diese Exemplare von Eltern doch bereits allseits bekannt. Ein Hinweis wie „Kein Zutritt zum Platz für Eltern und Ähnlichen“ oder wenigstens ein Sicherheitsabstand zum Platz ihres Kindes wäre doch nicht so schwer. Was meinen Sie? Ich würde mich über Zuschriften freuen, die dann im nächsten TENNIS in Hamburg veröffentlicht werden.

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