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Wie sich Beobachtungen des „Trend Council“ in aktuellen Kollektionen niederschlagen

Die Macht der Stoff-Vordenker

Welche Farben und Stoffe „in“ sind, zeigt sich auf Leit-Messen. FOTO: ISTOCK

„Where I belong“, übersetzt: Wo ich hingehöre, lautet das Motto für die Saison 2020/21 im Bereich Heimtextil. Die aktuellen Kollektionen führender Hersteller und damit das nächstjährige Angebot im Handel wurde bereits im September 2019 vom „Trend Council“ der wichtigsten Branchenmesse Heimtextil festgelegt. Dahinter verbergen sich Anne Marie Commandeur vom Stijlinstituut Amsterdam, das Londoner Studio FranklinTill und die dänischen Agentur SPOTT Trends & Business. Viele Einrichter greifen die Anregungen der Trendberichte dankbar auf, um ihr textiles Sortiment vorzuplanen. Allerdings bleibt ihnen oft auch nichts anderes übrig, denn die Hersteller setzen fast sklavisch die Vorgaben der Trendforscher um, daher weiß jeder schon, was ihn beim Einkauf auf den Messen erwartet.

Das Abendblatt hat die drei 2019 definierten Trends „Maximum Glam“, „Active Urban“ und „Heritage Lux“ mit den Entwürfen führender Marken und dem Angebot im Handel abgeglichen. Das Ergebnis in Schlaglichtern:

„Maximum Glam“: Hier geht es um die sogenannten Genussmenschen, Hedonisten genannt. „Sie lieben den Wechsel zwischen theatralischen Einflüssen und bezaubernder Showtime-Ästhetik und gestalten so eine fantastische Verbindung zwischen handgefertigten und digital gerenderten Designs“, heißt es in der Charakterisierung. Die „Mehr-ist-mehr“- Haltung in den Textilien zeigt sich in einem Mix aus Glam, Farbverläufen und Spektren. Auch Kunstpelz, Hochflor und Fransen, Jacquardgewebe und fantasievolle Prints zählen dazu.

Zu besichtigen ist dieser Trend eindrucksvoll in der textilen Vielfalt des Möbelhauses „Die Wäscherei“. Beim Rundgang durch die Polstermöbelabteilung begegnen dem Besucher Samtbezüge oder Velours in allen Farben, dazu arrangiert grellfarbige Kissenbezüge mit zum Teil bizarren Prints – von menschlichen Gesichtern bis zu wilden grafischen Mustern, grellen Blumendekors bis zu Tiermotiven. „Besonders gut laufen aktuell unsere Kissen mit Pailletten und mit den Konterfeis von Frida Kahlo und von Ludwig II. Das ist überdrehter Kitsch mit Augenzwinkern und großem Dekoeffekt“, so Hausherr Michael Eck. Auch Einrichtungsberater wie Renée Charlotte Melms von RCM Interiordesign bedienen diesen „Trend“. Ihr Fazit: „Der Wunsch nach ungewöhnlicher, überdrehter und glamouröser Optik nimmt immer mehr zu“. In ihrem Atelier unter dem Stoffkontor bezieht sie Polstermöbel und Stühle mit Fake Furs der Firma Winter Creation (www.winter-creation.com). „Hier gibt es alles, vom Ozelot über Wolf bis Schaf.“ Bei den „exaltierten Prints“ sei fast jeder große Hersteller auf diesen Zug aufgesprungen – entsprechende Nischen-Kollektionen gäbe es von Osborne and Little, William Morris oder Elitis.

„Active Urban“: Dieser Trend spiegelt die Bedürfnisse des modernen Großstadtmenschen wider: Neben technologischer Leistungsfähigkeit legt er besonderen Wert auf erneuerbare Ressourcen, Funktionalität und Nachhaltigkeit stehen im Fokus. „Hybridtextilien für den Heim- und Sportbereich zeigen glatte Oberflächen und einen ansprechenden Mix aus grafischen Texturen“, heißt es in der Vorschau. Die Farbpalette umfasst Uniformblau, Asphaltgrau bis hin zu Raupengelb. Dass sich diese Entwicklung vor allen anderen durchsetzt, bewies der letzte Besuch auf dem Münchner Stofffrühling – der größten Messe für textile Innovationen in Europa. Beherrschende Themen waren Hightech-Gewebe in allen Haptiken – von voluminös, flauschig bis spröde und griffig. Alle Anbieter verwiesen auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte. Ein Beispiel sind Textilien aus recyceltem PET der Firma Fischbacher. Mit ihrer changierenden Oberfläche bedienen sie zugleich den Trend des Maximum Glam. Auch mit seinen Teflonbeschichteten Bezugsstoffen namens Kay II sorgte das Unternehmen für Furore. Die auf Basis amerikanischer Baumwolle hergestellten Textilien sind wasser-, schmutz- und fleckenabweisend. Sogar verschütteter Rotwein lässt sich einfach abwischen, ohne Rückstände zu hinterlassen. Schallabsorbierende Bezugsstoffe sollen die Akustik verbessern. Die Firma Apelt Stoffe bietet Lösungen für das Homeoffice:Textilien mit Verdunklungsfunktion schützen beim Arbeiten am Computer vor blendendem Sonnenlicht.

„Heritage Lux“: Hier geht es um die Rückbesinnung auf vergangene Epochen. Vor allem Menschen mit ausgeprägtem Kulturverständnis entdecken die „Schönheit in der Geschichte und der Natur, durch ornamentale Muster und faszinierende Oberflächenveredelung“. Bevorzugte Farben sind satte Rottöne, Saphir und schillerndes Perlmutt. Eine nostalgische Reverenz zeigt sich beispielhaft in der Kollektion Rue Cambon von Jab Anstoetz. Die Straße, untrennbar mit dem Namen Chanel verbunden, inspirierte das Designteam zu einer Neuinterpretation ikonischer Chanel-Boucléstoffe als Bezüge für Sofas, Kissen oder Tagesdecken. Wer hingegen in barocker Schönheit und Opulenz schwelgen möchte, ist mit Geweben von Rochefort – Spezialist für historisch gewebte Seiden- und Leinenstoffe – und Lelièvre gut aufgehoben. Bei beiden Unternehmen wird das Handwerk noch nach alter Tradition gelebt, was sich auch auf die Qualität und Haptik der Stoffe auswirkt. Hedda Möller

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