Anzeige
Themenwelten Hamburg
Die Betriebliche Einstiegsqualifizierung bereitet auf eine Ausbildung vor. Chancen auf eine Übernahme sind sehr gut

Eidelstedt: Türöffner für die Ausbildung

Mohammad Alkhalaf ist Auszubildender zum Elektroniker im zweiten Lehrjahr im ICE-Werk in Eidelstedt. FOTO: S: WALLOCHA

Mohammad Alkhalaf hat schon als Jugendlicher seinen ersten PC repariert. „Ich will alles über Elektronik wissen“, sagt er überzeugend. Lange Zeit waren die Möglichkeiten dazu begrenzt. Doch nach der Flucht aus seiner Heimat steht der 28 Jahre alte Syrer vor der Verwirklichung seines Traums.

Alkhalaf ist Azubi zum Elektroniker für Betriebstechnik bei der Deutschen Bahn (DB). Mittlerweile im zweiten Lehrjahr, kümmert er sich im Bahnbetriebswerk Eidelstedt um Betrieb, Wartung und Reparatur des Bahn-Flaggschiffs ICE. Dank seiner guten Leistungen spricht DB-Ausbildungsgesamtkoordinator Stefan Andre Dröse nun von sehr guten Chancen auf eine Weiterbeschäftigung.

Dass Mohammad Alkhalaf ein Vorzeige-Azubi geworden ist, verdankt er auch der Betrieblichen Einstiegsqualifizierung (EQ).Über dieses Langzeitpraktikum,das fachlich, methodisch und sozial auf eine anschließende Ausbildung vorbereiten soll, bekam er die genau richtige Starthilfe ins Berufsleben. Vollständig gefördert wird die mindestens sechs und maximal zwölf Monate dauernde EQ durch die Bundesagentur für Arbeit. Für die Teilnehmer gibt es eine Vergütung von knapp 250 Euro im Monat. Im vergangenen Jahr wurden knapp 350 EQ-Praktikanten über alle Branchen hinweg in Hamburg gefördert.

Für die Unternehmen ist das Modell eine gute Gelegenheit, die Eignung junger Menschen zu prüfen, die auf dem regulären Ausbildungsmarkt nicht zum Zuge kommen. Unzureichende schulische Vorleistungen, zu viele unentschuldigte Fehlzeiten oder mangelnde Sprachkenntnisse sind die häufigsten Defizite. Eine Hauptzielgruppe des Modells sind mittlerweile Geflüchtete. Mohammad Alkhalaf brauchte vor allem Sprachunterricht. „Das war wichtig, um das fachbezogene Deutsch zu lernen“, sagt er.

Erfolgsmodell für Nachwuchs und Unternehmen

Die Einstiegsqualifizierung gibt es bundesweit, zumeist in Trägerschaft der Industrie- und Handelskammern. In Hamburg kümmert sich der Verein „Ausbildungsförderung der Hamburger Wirtschaft“ um die ausbildungswilligen jungen Menschen mit schwieriger Vermittlungsperspektive. Hinter dem Verein stehen Unternehmerverbände, Handelskammer und Handwerkskammer. Dass an die EQ eine Ausbildung anschließt, klappt in der Regel für über 70 Prozent der Teilnehmer. „EQ wird mit ihrer Brückenfunktion von Schule in Ausbildung, auch vor den derzeitigen Herausforderungen, an Bedeutung zunehmen“, sagt Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit Hamburg. Für dieses Jahr rechnet er mit Beginn im Herbst mit 450 EQ-Verträgen. „Finanzieren könnten wir die doppelte Anzahl.“

Der Erfolg des Modells liegt auch an der Flexibilität seiner Umsetzung. Die DB integriert die Maßnahme in ihr eigenes zwölfmonatiges Programm „Chance Plus“. Statt auf die Vermittlung durch Partner setzt man wegen des hohen Personalbedarfs in der Nachwuchsgewinnung auf direkte Bewerbungen über eine eigene Online-Plattform. „Durch Chance Plus schaffen wir es, junge Menschen anzusprechen, die wir sonst nicht erreichen würden“, sagt Fabian Wylenzek, Leiter Personalgewinnung Region Nord. Von derzeit 300 Plätzen bundesweit entfallen allein 44 auf Hamburg. 20 Prozent von ihnen sind Geflüchtete. Die Teilnehmer erhalten Trainings in Sozial- und Methodenkompetenz und werden fachlich in eigenen Werkstätten unterrichtet.

Ähnlich wie die DB hat auch das Bauhauptgewerbe in Hamburg einen eigenen Weg gefunden, die EQ in bestehende Ausbildungsstrukturen zu integrieren. So ist es beim Ausbildungszentrum (AZ)-Bau in Steilshoop, Teil des Projekts „Berufsstart Bau“. Ein Beginn ist vom 1. September bis zum 1. März des Folgejahres möglich. Es beginnt mit einer fachpraktischen Orientierungsphase und einem verpflichtenden Praktikum, das die Eignung und Neigung der Teilnehmer für die verschiedenen Berufe vom Maurer bis zum Rohrleitungsbauer klären soll. Javid Hosseini entschied sich für Betonbau. Der 23 Jahre alte Mann aus Afghanistan ist nach seiner EQ beim Bauunternehmen Aug. Prien untergekommen. Die enge Anbindung an das Ausbildungszentrum blieb bestehen. Aufgrund des Bedarfs an Fachkräften in der Branche ist die Vernetzung mit den beteiligten Betrieben besonders eng und das Engagement des überbetrieblichen Trägers mit eigenen Angeboten für die Teilnehmer besonders hoch. „Die Erfolgsquote einer Übernahme liegt fast bei 100 Prozent“, sagt Ulrike Myschker, die sich im AZ-Bau um das Projekt kümmert.

Mit einer Übernahme wird es auch bei Darleen Köth klappen. Die 22-Jährige ist bei Garden Art Heymann, einem Unternehmen für Garten- und Landschaftsbaugestaltung in Tonndorf, beschäftigt. Nach dem Hauptschulabschluss hatte sie diverse Praktika absolviert, sie fand ihre Passion im Garten- und Landschaftsbau. Die Einstellung stimmte, aber auf Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz erhielt sie oft nicht mal eine Antwort. Als dann über die Handelskammer das Vermittlungsangebot für die EQ kam, musste sie nicht lange überlegen. „Jeder hat eine Chance verdient“, sagt der Firmeninhaber Norbert Heymann. Er sieht die wesentlichen Voraussetzungen in den Grundtugenden wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, weniger in den schulischen Vorleistungen. Bastian Hebbel
 

Ab 20 Stunden

Die Betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) als Langzeitpraktikum dient der Vermittlung von Grundlagen für die berufliche Handlungsfähigkeit. Sie orientiert sich an den Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe und kann in Vollzeit oder in Teilzeit von mindestens 20 Wochenstunden absolviert werden.


Türöffner für die Ausbildung Image 2

                                                     Unser Stellenportal für Hamburg und Umgebung

Weitere Artikel
Seite:1234567