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Einrichten & Wohnen

MYCS-Showroom im Hamburger Stilwerk: Möbel nach Maß

Wie Hamburger Einrichter individuelle Wünsche erfüllen

Klara Rodenberg zeigt im MYCS-Showroom, wie man am Computer Möbelstücke kreiert. FOTO: HEDDA MÖLLLER
Klara Rodenberg zeigt im MYCS-Showroom, wie man am Computer Möbelstücke kreiert. FOTO: HEDDA MÖLLLER
Hedda Möller

Im Showroom der Firma MYCS im Hamburger Stilwerk findet gerade ein Beratungsgespräch statt. Ein Verkäufer sitzt neben einem älteren Kunden vor dem PC und „designt“ in der kommenden halben Stunde ein Lowboard – so nennt man flache Sideboards/Anrichten – nach dessen Vorstellungen. Wie das genau funktioniert, zeigt uns seine Kollegin Klara Rodenberg an einem zweiten Gerät: Zum Einsatz kommt der Konfigurator namens „Gryd“.

Mithilfe des 3-D-Computerprogramms kann der Kunde die Elemente des Möbelstücks im Rahmen vorgegebener Möglichkeiten seinen Vorstellungen anpassen. Klick für Klick bestimmt er Höhe und Breite der Schubladen, wählt die Fronten zwischen verschiedenfarbig lackierten Oberflächen und Echtholzfurnieren, am Ende noch ein Fuß-Modell. Jeder Klick zeigt nicht nur, wie sich das Design verändert, sondern auch der Preis.

Immer mehr Menschen leisten sich „maßgefertigte“ Möbel. Statt sich in den Standardmöbeln der Hersteller einzurichten, wollen sie ihre Wohnkulisse auf persönliche Bedürfnisse abstimmen und zugleich ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. „Von allen derzeitigen Megatrends in der Einrichtungsbranche ist der Drang nach Selbstverwirklichung der größte und nachhaltigste“, sagt Ursula Geismann, Sprecherin vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) in Köln.

Neben kreativer Selbstentfaltung spielen auch praktische Erwägungen eine Rolle: Spezielle oder problematische Raumsituationen – etwa Dachschrägen, ungerade Wände, besonders hohe oder niedrige Zimmerdecken – verlangen nach individuellen Regal- oder Schranklösungen, die andernfalls Sache eines Tischlers wären, allerdings oft zu einem höheren Preis. „Während etwa Online-Plattformen die Aufträge über den Konfigurator und die Daten für die Fertigung über eine Software generieren, würde der Tischler für das gleiche Ergebnis Anfahrt, Aufmaß und Entwurf berechnen“, heißt es bei Pickawood.
 
Auch durch die Fertigung lassen sich Kosten senken. Möglich macht es die „Industrie 4.0“. Unter diesen Begriff fallen modernste Produktionsverfahren und Technologien, mit deren Hilfe sich nahezu alle Arten von Möbeln nach eigenen Vorstellungen realisieren lassen. Diese „Mass Customization“, übersetzt: industrielle Maßanfertigung, verbindet die Vorteile individueller Gestaltung mit kosteneffizienter Massenproduktion. Bei der Produktion kommen CNC-Maschinen zum Einsatz, die dank exakter Steuerungstechnik die programmierten Maße jedes Möbelstücks exakt aus dem vorgewählten Material fräsen. So entstehen auch komplizierte Werkstücke in höchster Präzision.

Der Vorteil liegt neben einer hohen Genauigkeit der Fertigung mit wenig Ausschuss vor allem in der kurzen Bearbeitungszeit und hoher Kosteneffizienz. „Die Kunden zahlen auf diese Weise für ihr selbst designtes Möbel oft weniger als für ein vergleichbares Produkt im Fachhandel und bekommen es meist sogar noch schneller geliefert als nach der Bestellung beim Möbelhändler“, sagt Dirk Oelschlägel, Inhaber der Möbelmanufaktur Interhansa. Das Hamburger Unternehmen fertigt in seinem Werk in Schwerin mit modernsten CNC-Maschinen und stattet neben Büros und Arztpraxen auch Wohnungen und Häuser mit individuellen Möbeln aus.

Wie MYCS oder Dirk Oelschlägel haben zahlreiche Online-Unternehmen die technischen Möglichkeiten der Industrie 4.0 zu einem Geschäftsmodell entwickelt. Firmen wie meine-moebelmanufaktur.de, deinschrank.de, picka-wood.com oder audena.de versprechen ihren Kunden dank vorgegebener Module und Konfigurator ein hohes Maß an kreativer Entfaltung.

"Kunden zahlen so oft weniger und bekommen es meist sogar schneller"

Dirk Oelschlägel, Inhaber der Möbelmanufaktur Interhansa

Einen eigenen Weg innerhalb der „Mass Customization“ geht das Hamburger Unternehmen Pickawood. Der im Jahr 2012 gegründete „Online-Tischler“ versorgt derzeit 13 Tischlereibetriebe über die Portal-Akquise mit Aufträgen für Tische, Schränke oder Regale. Als besonderen Mehrwert für die Kunden verweist Pickawood auf die besonders zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten seines Konfigurators. Allein über eine Million möglicher Tischvarianten seien durch die Kombination verschiedener Holzarten, Ölungen und Zusatzoptionen konfigurierbar, dazu kommen noch die variablen Maße.
 
Ein Regal, das an Treppe und Tür angepasst worden ist. FOTO: PICKAWOO
Ein Regal, das an Treppe und Tür angepasst worden ist. FOTO: PICKAWOO
Anders als die meisten anderen Online-Anbieter, die ihre Möbel aus Spanplatten fertigen, komme bei Pickawood auch Echtholz zum Einsatz. „Eigene Entwürfe in Form von Handskizzen können telefonisch oder direkt im Showroom am Rödingsmarkt besprochen und in eine technische Zeichnung überführt werden“, erklärt Geschäftsführer Henry Fleischer.

Da der Markt für Maßanfertigungen wächst, setzen längst auch etablierte Markenunternehmen auf das Prinzip der Individualisierung. So etwa der niederländische Bettenhersteller Auping: Einrichtungsberater Martin Peter demonstriert am Bettenkonfigurator im Stilwerk die „unendlichen Möglichkeiten“, sich aus den verschiedenen Komponenten – Bettgestellen, Matratzen, Kopfteilen und Farben – das „Bett der Träume“ zu erschaffen. Den Kunden stehen je fünf Bettvarianten, Unterfederungen, neun Matratzen in vier Härtegraden, fünf Topper und fast 90 Stoffvarianten in verschiedensten Farben für ihre Eigenkreationen zur Verfügung. Wer will, kann auch die Schlafgewohnheiten via App in die technische Planung einbeziehen. Bei Schnarchgeräuschen etwa fährt automatisch das Kopfteil hoch.

Wie eine Design-Ikone eine persönliche Note erhält, zeigt ein Besuch im Showroom von Vitra. Hier gibt es eine Art „Offline-Konfigurator“ des Eames-Chairs, einem der größten Verkaufserfolge der Möbelgeschichte. Besucher können zwischen verschiedenfarbigen Schalen des Designklassikers wählen – mit oder ohne Armlehnen – und sie mit der gewünschten Gestellvariante in Metall oder Holzoptik kombinieren.

Diesen Weg geht auch das französische Unternehmen Rochebobois, ebenfalls im Stilwerk vertreten. Via App können Kunden beliebig viele Module des Mah-Jong-Sofas mit farbenfrohen Stoffsammlungen bekannter Designer wie Jean Paul Gaultier oder Missoni Home beziehen und zu ihrer Sitzlandschaft zusammenwürfeln. Mit der „Augmented Reality“-Funktion lässt sich die „eigene“ 3-D-Kompositon im heimischen Zimmer aus allen Perspektiven begutachten.

Originäres Design und jede Menge Handarbeit

Wer Maßanfertigung nach wie vor mit originärem Design und Handarbeit verbindet, muss tiefer in die Tasche greifen. Auf diese anspruchsvolle Klientel haben sich Inneneinrichter mit eigenen Design-Abteilungen spezialisiert sowie Möbeldesigner und Raumausstatter mit kreativer Handschrift. „Wir entwickeln individuelle Möbel für Wohn- und Arbeitsbereiche und setzen sie mit einem Netzwerk an Handwerkern in unterschiedlichen Materialien und Oberflächen um“, erklärt Einrichtungsberater Heiko Hoops von Gärtner Internationale Möbel. Die Aufträge reichen von der Gestaltung von Empfangstresen oder Loungebereichen in Unternehmen bis zu maßgefertigten Möbeln für private Wohnungen oder Häuser.

Brettart Hamburg hat sich auf Massivholztische fokussiert. Ursprung jedes Tisches sind ausgewählte Baumstämme verschiedener Hölzer aus Europa – von Eiche, Ulme oder Zeder bis zum amerikanischen Nussbaum. „Die suchen wir selbst aus und lassen sie nach Hamburg bringen“, sagt Marketingchef Paddy Krajinovic. Die Wertschöpfungskette sei „komplett transparent“: Der Kunde sucht seinen Wunschbaum persönlich aus und ist danach in jede Phase der Kreation seines Tisches involviert – vom Design der Platte und der Stahlkonstruktion für das Untergestell bis zur Fertigung. Bei Konferenztischen aus Massivholz können auch individuelle Steckdosensysteme in den Entwurf integriert werden.

So viel Spielraum haben Kunden bei Thomas Wendtland nicht. Der Möbeldesigner präsentiert seine eigenwilligen Entwürfe in seinem Showroom in der Rentzelstraße, passt sie auf Wunsch aber gern den Vorstellungen seiner Kunden an. „Die können theoretisch jedes Möbelstück, jede Leuchte oder Spiegel in verschiedenen Größen und Materialien fertigen lassen, aber das Grunddesign muss bitte immer noch meine Handschrift tragen.“

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